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Klaus-Heiner Röhl IW-Nachricht 3. September 2020

Insolvenzen: 4.300 Zombieunternehmen bis Jahresende

Die Bundesregierung verlängert die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen bis Jahresende. Was im Frühjahr sinnvoll war, könnte jetzt ein Problem werden: Nach IW-Berechnungen könnte es bis Jahresende 4.300 Zombieunternehmen geben.

Im Corona-Lockdown hat die Bundesregierung schnell reagiert: Schon im März wurde beschlossen, dass Unternehmen, die aufgrund der Pandemie in finanzielle Schieflage geraten, zunächst keinen Insolvenzantrag stellen müssen. So sollte verhindert werden, dass viele überlebensfähige Firmen Pleite gehen und die Zeit im Lockdown überstehen. Dafür stellten Bund und Länder zudem staatliche Kredite und direkte Zuschüsse für Kleinbetriebe bereit. 

Insolvenzrecht hat wichtige Funktion

Die Antragspflicht auszusetzen hat offenbar gewirkt: Im Mai meldeten sogar fast zehn Prozent weniger Unternehmen Insolvenz an als im Vorjahr. Mit der Verlängerung dieser Regelung bis Jahresende könnte die Insolvenzzahl aufs Gesamtjahr gerechnet um etwa acht Prozent sinken, auf circa 17.250 Pleiten. Das wäre ein neuer Tiefststand seit der Jahrtausendwende.

Dabei gilt aber nicht unbedingt das Credo „weniger ist besser“ – dann könnte man das Insolvenzrecht auch abschaffen. Tatsächlich erfüllt das geregelte Ausscheiden von Unternehmen, die im Wettbewerb nicht mehr mithalten können, eine wichtige Funktion: Es signalisiert Banken und Geschäftspartnern, dass sie dem betreffenden Unternehmen kein Geld mehr leihen und keine Verträge mit ihm abschließen sollten, und macht Platz für andere Firmen. Mit dem Aussetzen der Insolvenzpflicht bei Überschuldung steigt die Gefahr von „Zombieunternehmen“, die zu Lasten von Wettbewerbern wirtschaften, obwohl sie Verlust machen und nicht überlebensfähig sind. 

4.300 Unternehmen könnten ohne Perspektive weitermachen 

Die Größenordnung des Effekts lässt sich abschätzen: Aufgrund des Wirtschaftseinbruchs im ersten Halbjahr wäre selbst bei schneller Erholung ein Anstieg der Insolvenzzahl um 15 Prozent zu erwarten, zeigen Berechnungen vom IW und dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Sinkt nun die Insolvenzzahl im Jahr 2020 stattdessen um circa acht Prozent, klafft aufgrund der Aussetzung der Antragspflicht bis Jahresende im Vergleich zum Vorjahr eine Lücke von 23 Prozentpunkten oder etwa 4.300 Unternehmen, die trotz fehlender ökonomischer Perspektive weitermachen. Und es steht zu befürchten, dass die Politik im Wahljahr 2021 einen weiteren Aufschub anstreben könnte. 

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