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Hubertus Bardt / Michael Grömling im Wirtschaftsdienst Externe Veröffentlichung 24. Januar 2022 Anhaltende Produktionslücken durch Vorleistungsengpässe

Die anhaltenden Probleme bei der Beschaffung von Vorleistungen belasten die deutsche Wirtschaft. Drei Viertel der Unternehmen berichten derzeit von Produktionsausfällen von im Durchschnitt 7 %. Erst ab dem zweiten Halbjahr 2022 wird sich die Situation deutlich verbessern. Aber auch im Jahr 2023 rechnet noch knapp die Hälfte der privatwirtschaftlichen Unternehmen mit Ausfällen. Neben den fehlenden Vorleistungen ist vor allem der Fachkräftemangel eine permanente Produktionsbremse.

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Anhaltende Produktionslücken durch Vorleistungsengpässe
Hubertus Bardt / Michael Grömling im Wirtschaftsdienst Externe Veröffentlichung 24. Januar 2022

Anhaltende Produktionslücken durch Vorleistungsengpässe

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die anhaltenden Probleme bei der Beschaffung von Vorleistungen belasten die deutsche Wirtschaft. Drei Viertel der Unternehmen berichten derzeit von Produktionsausfällen von im Durchschnitt 7 %. Erst ab dem zweiten Halbjahr 2022 wird sich die Situation deutlich verbessern. Aber auch im Jahr 2023 rechnet noch knapp die Hälfte der privatwirtschaftlichen Unternehmen mit Ausfällen. Neben den fehlenden Vorleistungen ist vor allem der Fachkräftemangel eine permanente Produktionsbremse.

Der Mangel an Vorleistungen hat sich nach dem wirtschaftlichen Tiefpunkt der Corona-Krise im Frühjahr 2020 zu einer wesentlichen Bremse für den Aufschwung entwickelt (Bardt et al., 2021a). Elektronische Bauteile, Baumaterialien, Metalle, Chemikalien und Papier – die Liste der Vorprodukte mit Lieferschwierigkeiten ist lang. Teilweise können die notwendigen Teile zu höheren Preisen beschafft werden, damit die eigene Produktion am Laufen gehalten wird. Vor allem der Automobilindustrie macht der Mangel an Halbleitern und elektronischen Bauteilen schwer zu schaffen. Die Produktion lag dort zuletzt auf Basis des Produktionsindexes um rund 50 % unter dem Niveau des Jahres 2018. Dies wirkt über die vielfältigen Verflechtungen in andere Wirtschaftsbereiche hinein, die ihrerseits unter Transportproblemen und Produktionsbehinderungen leiden. Nachdem die durch die Pandemie bedingte Produktionslücke (gegenüber dem Jahresdurchschnitt 2019) der gesamten deutschen Industrie in Höhe von gut 30 % im Frühjahr 2020 bis zum Jahresende 2020 auf knapp 4 % verringert werden konnte, ist sie im Jahresverlauf 2021 wieder deutlich auf zuletzt rund 10 % angewachsen. Diese Produktionslücke steht einem weiterhin wachsenden Auftragsbestand gegenüber.

Die Ursachen für diese Störungen in den internationalen Vorleistungsnetzwerken sind vielfältig:

  • Die überraschend schnelle Erholung der Weltwirtschaft nach dem Tiefpunkt im Frühjahr 2020 hat zu einem Rückstau geführt. Gleichzeitig müssen sich Zuliefer- und Wertschöpfungsstrukturen nach dem plötzlichen Stillstand von 2020 und dem Stop-and-Go im Gefolge der weiteren Infektionswellen neu organisieren.
  • Das weltweit anhaltende Pandemie-Geschehen sorgt – etwa über die Schließung von Häfen oder fehlende Schiffsbesatzungen – nach wie vor für Störungen im internationalen Warenhandel. Einzelereignisse in der Logistik wie die Sperrung des Suezkanals verschärften zwischenzeitlich den Rückstau. Direkte Produktionsausfälle durch die Pandemie kommen hinzu.
  • Ein deutlicher Nachfrageanstieg auf dem Markt für Halbleiter – durch eine coronabedingte Mehrnachfrage etwa für Laptops und durch technologische Mehrbedarfe für Elektroautos – trifft auf hoch ausgelastete und erst mittelfristig erweiterbare Angebotskapazitäten.
  • Temporäre Angebotsausfälle, beispielsweise durch den Brand von Halbleiterfabriken in Asien oder auf dem Holzmarkt nach Waldbränden in den USA, haben die Engpässe zusätzlich verschärft.

Diese Produktionsprobleme bei den Unternehmen führen zu Versorgungsengpässen auf bestimmten Märkten, zu höheren Produktionskosten und teilweise zu höheren Verkaufspreisen. Im Sommer 2021 sah rund die Hälfte der Unternehmen hohe oder mittlere Überwälzungsmöglichkeiten dieser höheren Produktionskosten auf ihre Verkaufspreise (Bardt et al., 2021b). Dies hat aber auch zur Folge, dass sich zum einen die Nachfrage in diesen Märkten nach den Einschränkungen infolge des Einbruchs 2020 nicht vollständig erholen kann. Zum anderen gehen die nicht überwälzbaren Produktionskostenanstiege zulasten der Rentabilität und dies dämpft die Erholung der Investitionen deutlich ab. Seit dem dritten Quartal 2020 war mit Blick auf die Ausrüstungsinvestitionen in Deutschland kein Fortschritt mehr zu beobachten (Bardt et al., 2021a).

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