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Michael Voigtländer auf Focus online Gastbeitrag 7. Juli 2023

Für Käufer bieten hohe Hypotheken-Zinsen einmalige Chancen

Die steigenden Zinsen sollten Immobilien-Interessenten nicht vom Kauf abhalten. Wer Eigenkapital mitbringt, kann jetzt mit wenig Konkurrenz stark verhandeln und günstig zuschlagen. Schon bald kann er seine Immobilie mit günstigen Zinsen neu finanzieren, schreibt IW-Immobilienexperte Michael Voigtländer in einem Gastbeitrag für Focus online.

Wohnimmobilien zählen seit Jahren zu den wertstabilsten Anlageklassen. Doch angesichts von Inflation und steigenden Zinsen fragen sich viele Interessenten, ob sie derzeit in ein Eigenheim investieren sollen. Wer über breites Eigenkapital verfügt, legt mit dem Kauf einer Wohnimmobilie sein Geld aber weiter wertsicher an und kann sogar mit einer Rendite rechnen.

EZB-Zinserhöhungen haben Immobilienmarkt gebremst

Die Europäische Zentralbank (EZB) bekämpft die Inflation mit deutlichen Leitzinsanhebungen. Der Effekt für den Immobilienmarkt kam schnell: Die Hypothekenzinsen haben sich innerhalb eines Jahres vervierfacht. Die Nachfrage auf dem Wohnimmobilienmarkt ist gesunken. Da die meisten Menschen einen großen Anteil ihrer Immobilie finanzieren, wirkte sich die Zinssteigerung direkt auf die Leistbarkeit von Wohneigentum aus.

Markt für Wohnimmobilien dürfte zum Jahreswechsel dynamischer werden

Sobald die Zinsen wieder fallen, wird der Markt für Wohneigentum wieder dynamischer werden – und mit dieser Entwicklung ist bereits zum Jahreswechsel 2023/24 zu rechnen.

Der Hauptfinanzierungszins steigt seit Juli 2022 und somit bereits seit elf Monaten. Ein historischer Rückblick zeigt, dass die Zeit von der letzten Zinserhöhung bis zur ersten Zinssenkung in der Regel maximal sieben Monate und im Durchschnitt fünf Monate betrug. Die meisten Markbeobachter gehen davon aus, dass die Inflationsraten in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 wieder deutlich sinken. Die Einschätzungen von IWF und EZB zum möglichen weiteren Inflationsverlauf liegen nah beieinander. Die Inflationsprognosen der EZB für die Eurozone vom März 2023 betragen 5,3 Prozent für 2023, 2,9 Prozent für 2024 und 2,1 Prozent für 2025.

Auch einige vorlaufende Indikatoren wie sinkende Großhandels- und Exportpreise deuten auf sinkende Inflation hin. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass nach einem letzten Zinsschritt im Sommer die Zinsen in etwa einem halben Jahr wieder sinken. Schon Anfang 2024 könnte die erste Zinssenkung in der Wohnungsbaufinanzierung folgen.

Auch eine zügigere Erholung scheint möglich. Die Inflation könnte überraschend stark und schnell sinken. Dann würden auch die langfristigen Immobilienkreditzinsen fallen. Respektive dürfte auch die Erschwinglichkeit von Wohneigentum zunehmen. Je nach Szenario könnte schon im zweiten Halbjahr 2023 oder im ersten Halbjahr 2024 das Kaufen wieder deutlich attraktiver sein als das Mieten. Gerade hochpreisige Großstädte werden besonders sensibel auf Zinsveränderungen reagieren.

Und selbst bei einer Zinsstagnation über 2024 hinaus wird der Bezug des Eigenheims gegenüber der Anmietung einer Wohnung im Laufe des Jahres 2024 kostengünstiger werden. Grund sind die weiter steigenden Angebotsmieten – dort geht kein Experte von einer Entspannung aus. Gerade in den Ballungsgebieten sind sie förmlich explodiert. In Berlin und einigen anderen Großstädten steigen die Neuvertragsmieten derzeit mit 10 Prozent und mehr pro Jahr.

Abwarten oder zuschlagen?

Wer trotz der aktuellen Zinslage einen gut durchdachten Kredit aufnimmt, wird diesen sehr wahrscheinlich in wenigen Jahren durch einen niedriger verzinsten Kredit ablösen können. Historisch gesehen lässt ein inflationäres Umfeld zudem die Löhne steigen, während Kreditzinsen langfristig festgeschrieben werden. Die Tilgung der Kredite könnte sich, Lohnanpassungen vorausgesetzt, mit der Zeit einfacher gestalten.

Für potenzielle Käuferinnen und Käufer mit einer breiten Eigenkapitalbasis bietet der aktuelle Markt große Chancen, die längst nicht alle Interessenten wahrnehmen können: Viele Privatpersonen, die für die kommenden Jahre ursprünglich den Kauf einer Wohnimmobilie geplant hatten, können aufgrund der hohen Zinsen nun die monatlichen Kosten nicht stemmen und verzichten aus diesem Grund aktuell auf den Kauf einer Wohnimmobilie. Das eröffnet Verhandlungsspielräume.

Denn eine Wohnimmobilie kann weiterhin vor Inflation schützen. Die Forschung zeigt, dass direkte Immobilienanlagen einen höheren Schutz vor Inflation bieten als etwa Immobilienfonds oder REITs. Zudem zeigt ein Blick auf die Zahlen, dass deutsche Wohnimmobilien wertstabil sind. Während die Wohnungspreise in Großbritannien in Krisenzeiten eine Standardabweichung von 9,6 Prozent aufweisen, also schwanken, sind deutsche Wohnimmobilien mit einer Abweichung von 3,1 Prozent deutlich wertstabiler. Auch französische und spanische Märkte sind deutlich volatiler.

Kaufen oder nicht kaufen ist eigentlich keine Frage

Wer den Werterhalt als Anlageziel verfolgt, liegt auch in der jetzigen Zinsphase mit einem vernünftigen Objekt in vernünftiger Lage wahrscheinlich richtig. Anleger, die genug Eigenkapital mitbringen, können auch in der jetzigen Zinsphase zuschlagen und von der nachlassenden Konkurrenz profitieren.

Mit wenig Eigenkapital ist der Markteintritt momentan deutlich schwieriger und bestenfalls für Kapitalanleger zu stemmen. Aufgrund der steuerlichen Ausgestaltung können hier Teile der Zinssteigerungen zumindest über Abschreibungen kompensiert werden.

Immobilien schützen also weiter vor Inflation, und auch an der Zinsfront scheinen sich die Wolken langsam zu lichten. Im Moment haben Käufer die Chance, angesichts der Finanzierungssituation in einem konkurrenzarmen Umfeld zu agieren und Kaufpreise zu drücken. Sobald sich die Finanzierungssituation bessert, könnte diese Phase vorbei sein – Käufer könnten allerdings wieder günstiger finanzieren.

Wer gut verhandelt, muss den Immobilienmarkt nicht abschreiben. Wer sein Glück nicht am Verhandlungstisch suchen möchte, sollte noch Geduld aufbringen, denn schon gegen Ende des Jahres könnten sich die Bauzinsen in Erwartung der Zinssenkung bewegen.

Zum Gastbeitrag auf focus.de

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