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Hubertus Bardt IW-Policy Paper Nr. 5 23. Juli 2024 Trump oder Harris oder …? Worauf sich Europa einstellen muss

Wenige Monate vor der Präsidentschaftswahl in den USA hat Donald Trump gute Chancen auf eine Wiederwahl. Auf Seiten der Demokraten hat der amtierende Präsident seine Kandidatur nach langem Zögern zurückgezogen, Vizepräsidentin Kamala Harris wird mit hoher Wahrscheinlichkeit für die Demokraten antreten.

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Trump oder Harris oder …? Worauf sich Europa einstellen muss
Hubertus Bardt IW-Policy Paper Nr. 5 23. Juli 2024

Trump oder Harris oder …? Worauf sich Europa einstellen muss

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Wenige Monate vor der Präsidentschaftswahl in den USA hat Donald Trump gute Chancen auf eine Wiederwahl. Auf Seiten der Demokraten hat der amtierende Präsident seine Kandidatur nach langem Zögern zurückgezogen, Vizepräsidentin Kamala Harris wird mit hoher Wahrscheinlichkeit für die Demokraten antreten.

Für die Wirtschaftspolitik und die für Europa besonders relevanten Fragen der internationalen Politik sind damit sehr unterschiedliche Politikszenarien verbunden.

Aus den Erfahrungen der beiden Amtszeiten Trump und Biden/Harris lassen sich Rückschlüsse auf die zukünftige Wirtschaftspolitik ziehen. Während Trump auf Steuersenkungen und Deregulierung setzte, haben Biden/Harris mit dem Inflation Reduction Act ein breites Unterstützungsprogramm aufgesetzt. Es ist zu vermuten, dass beide Politikansätze in einer zweiten Amtszeit weiter beziehungsweise wieder zum Tragen kommen würden und Kamala Harris die Politik der bisherigen Administration im Grundsatz fortsetzen würde. Der Inflation Reduction Act würde zwar nicht durch ein neues Programm in ähnlicher Dimension abgelöst, aber auch unter keinem der Präsidenten vollständig abgeschafft werden. Dazu sind die aus dem Programm finanzierten Investitionen auch unter Republikanern zu populär. Erhebliche Unterschiede gäbe es in der Steuerpolitik. Unter einer demokratischen Präsidentschaft würden Teile der Trumpschen Steuersenkungen nicht verlängert, insbesondere für Höchstverdienende. Unter Trump würde eine Fortsetzung der Politik der Steuersenkungen und eine weitere Deregulierung – auch und insbesondere mit Blick auf Klima- und Umweltanforderungen – erfolgen. Eine klimapolitische Selbstbindung wäre unter Trump ebenso unwahrscheinlich wie eine ambitionierte nationalen Klimapolitik. Im Gegenteil hat er den Ausbau fossiler Energieträger mit dem Ziel einer möglichst billigen Energieversorgung angekündigt. Der Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung der jeweiligen Amtszeiten kann kein eindeutiges Ergebnis abgeleitet werden. Trumps wirtschaftliche Bilanz war zuletzt geprägt durch die Corona-Krise, unter Biden/Harris hat ein eindrucksvoller Erholungsprozess eingesetzt.

Eine Wahl der bisherigen Vizepräsidenten Harris würde für Europa im Wesentlichen die Fortsetzung der bisherigen Politik sein. Handelspolitisch sind weiterhin keine größeren Initiativen zu erwarten, aber auch keine erratischen Verschärfungen. Bidens und Harris‘ Politik kann als gemäßigt-protektionistisch charakterisiert werden. Die prinzipielle Unterstützung multilateraler, regelgebundener Kooperation kommt nur teilweise zum Tragen. Harris würde vermutlich auch als Präsidentin keine neuen Freihandelsabkommen anstreben. Sie würde sich in Fortsetzung der bisherigen Politik vermutlich für eine stärkere Diversifizierung der Lieferketten und eine gemeinsame Haltung des freien Westens gegenüber China einsetzen. Hier gibt es gute Ansatzpunkte für die Kooperation mit der Europäischen Union (EU). 

Eine zweite Amtszeit Trumps wäre hingegen von Unberechenbarkeit, Aggressivität und verstärktem Protektionismus geprägt. Sowohl die europäische Sicherheit als auch die Außenhandelsorientierung Europas stünden in diesem Fall vor großen Herausforderungen. Er würde Zölle als Druckmittel einsetzen, um kurzfristige Vorteile für die USA zu erzielen, und die multilateralen Regelsysteme und Institutionen geringschätzen oder gar verlassen. Trump hat angedroht, einen protektionistischen Schutzwall um die USA zu errichten. Auch in der Sicherheitspolitik müsste sich Europa neu aufstellen, wenn der Schutz durch die Nato geschwächt würde. 

Gerade für den Fall einer Wiederwahl von Donald Trump muss sich Europa vorbereiten. Dazu gehört, das klare Prioritäten gesetzt werden müssen, um zu wissen, wo Zugeständnisse gemacht werden können und wo nicht. Offene Flanken wie die berechtige Kritik an zu geringen Verteidigungsausgaben müssen zügig geschlossen werden. Zudem müssen Angebote vorbereitet und zurückgehalten werden, selbst wenn die Maßnahmen für sich allein vorteilhaft wären. Und schließlich müssen Gegenpositionen entwickelt werden, mit denen beispielsweise auf Zolldrohungen reagiert werden kann. Nur in einer klaren Positionierung können europäische Interessen bei einem Deal-Maker-Präsident Trump gewahrt werden.

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