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Maike Haag / Enno Kohlisch / Oliver Koppel IW-Kurzbericht Nr. 59 18. August 2024 Patentanmeldungen der Hochschulen: Sachsen und Thüringen am leistungsstärksten

Im Ranking der patentaktivsten deutschen Hochschulen behauptet sich die Technische Universität Dresden als Titelverteidigerin. Auch in puncto Effizienz dominieren ostdeutsche Hochschulen. Gemessen an der Anzahl ihrer Studierenden melden sächsische und thüringische Hochschulen mit Abstand die meisten Patente an.

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Sachsen und Thüringen am leistungsstärksten
Maike Haag / Enno Kohlisch / Oliver Koppel IW-Kurzbericht Nr. 59 18. August 2024

Patentanmeldungen der Hochschulen: Sachsen und Thüringen am leistungsstärksten

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Im Ranking der patentaktivsten deutschen Hochschulen behauptet sich die Technische Universität Dresden als Titelverteidigerin. Auch in puncto Effizienz dominieren ostdeutsche Hochschulen. Gemessen an der Anzahl ihrer Studierenden melden sächsische und thüringische Hochschulen mit Abstand die meisten Patente an.

Einleitung und Methodik

Patentanmeldungen repräsentieren eine wichtige Säule des Hochschulsystems. Welche Hochschulen dabei besonders erfolgreich sind, zeigt eine Auswertung der IW-Patentdatenbank, die alle Hochschulen sowie deren angegliederte Einrichtungen erfasst. Grundlage der Analyse ist die Gesamtheit aller Patente, die Schutzwirkung für Deutschland oder darüber hinaus anstreben (z. B. über eine Anmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt, beim Europäischen Patentamt oder der Weltorganisation für geistiges Eigentum). Zur Beurteilung der Innovationskraft des Hochschulbereichs werden diejenigen Patentanmeldungen herangezogen, die von einer Hochschule als Erstanmelderin hervorgebracht wurden. Ko-Anmeldungen werden fraktional erfasst, das heißt, wenn eine Universität beispielsweise gemeinsam mit einem Unternehmen ein Patent anmeldet, so wird dieses zur Hälfte der Universität zugerechnet, wenn sie hingegen die alleinige Anmelderin repräsentiert, erfolgt die Zurechnung zur Gänze. Die Gesamtleistung einer Hochschule setzt sich zusammen aus den Patenten, bei denen sie selbst als Anmelderin fungiert, und jenen ihrer angegliederten Einrichtungen (An-Institute, Universitätskrankenhäuser, Transfereinrichtungen, etc.). Aufgrund der Offenlegungsfrist von Patentanmeldungen bildet 2021 das aktuelle Jahr eines vollständigen Jahrgangs.

Ergebnisse

Um den Einfluss jahresweiser Schwankungen auf das Gesamtergebnis zu minimieren, wurden die aggregierten Patentanmeldungen der Jahre 2017 bis 2021 erhoben. In diesem Analysezeitraum…

  • … waren 165 deutsche Hochschulen patentaktiv in dem Sinne, dass sie an mindestens einer Patentanmeldung beteiligt waren.
  • … befanden sich fünf der patentaktiven Hochschulen in privater Trägerschaft – mit der Folge, dass staatliche Hochschulen für 97 Prozent aller Patentanmeldungen des Hochschulsystems verantwortlich zeichnen.
  • … waren 57 Prozent der patentaktiven Hochschulen Fachhochschulen, jedoch entfallen nur 13,5 Prozent aller Patentanmeldungen auf diesen Hochschultyp.

Hochschulen

In ihrer Gesamtleistung inklusive angegliederter Institutionen verteidigt die Technische Universität Dresden mit insgesamt 284,8 Patentanmeldungen ihre Spitzenposition im Vergleich zur ersten Ausgabe des Rankings (Haag et al., 2023). Die Technische Universität München und die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen überholen das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und erobern den zweiten und dritten Platz. Die reine Hochschul-Patentleistung des KIT ist nicht zu ermitteln, da unter demselben Namen auch die Patente des angegliederten Forschungszentrums der Helmholtz-Gemeinschaft angemeldet werden. Ein Neuzugang bei den Top-15-Plätzen ist die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, welche die Universität Rostock verdrängt hat. Darüber hinaus zeigt sich das Ranking der patentstarken Hochschulen weitgehend konstant.

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Die angegliederten Einrichtungen der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und der Technischen Universität Ilmenau gehören mit jeweils rund 41 Anmeldungen zu den patentaktivsten des bundesdeutschen Hochschulsystems. Die Charité Berlin stellt einen Sonderfall dar, da sie gleichermaßen der Humboldt-Universität und der Freien Universität angegliedert ist und somit keiner Hochschule eindeutig zugerechnet werden kann. Mit 54,7 Anmeldungen war die Charité im Betrachtungszeitraum patentaktiver als ihre beiden tragenden Hochschulen zusammen und repräsentiert die patentstärkste angegliederte Einrichtung im deutschen Hochschulsystem.

In puncto größenbereinigter Patentaktivität – konkret den Patentanmeldungen bezogen auf die Anzahl der Studierenden (Statistisches Bundesamt, 2023) – erweisen sich zahlreiche ostdeutsche Hochschulen als führend. Eindeutiger Spitzenreiter ist die Technische Universität Bergakademie Freiberg mit 23,6 Patentanmeldungen je 1.000 Studierende. Zweitplatzierte ist die Medizinische Hochschule Hannover mit 13,6 Anmeldungen, gefolgt von der Technischen Universität Ilmenau mit 12,5. Die TU Dresden erreicht einen Wert von 9,5 und zeichnet sich damit auch in Relation zur Studierendenanzahl als Leistungsträgerin aus. Im Schnitt hat eine patentaktive deutsche Hochschule im Betrachtungszeitraum 2,0 Patentanmeldungen je 1.000 Studierende hervorgebracht.

Bundesländer

Betrachtet man die Leistung der Hochschulen aggregiert nach Bundesländern, so erweisen sich die Hochschulen aus Baden-Württemberg mit insgesamt 773,7 Anmeldungen am patentstärksten. Obwohl nordrhein-westfälische Hochschulen mit Ausnahme der RWTH Aachen keine Platzierung in den Top-15 vorweisen, so erzielen sie mit kumuliert 713,6 Anmeldungen doch den zweiten Platz, gefolgt von Bayern (665,5), Sachsen (498,5) und Hessen (334,2).

Die größenbereinigte Leistung der ostdeutschen Hochschulen bestätigt sich auch bei einer entsprechenden Auswertung auf Ebene der Bundesländer (Abb.). Mit einer Gesamtleistung von jeweils 5,1 Patentanmeldungen je 1.000 Studierende übertreffen die Hochschulen Sachsens und Thüringens den bereits erläuterten Bundesschnitt (2,0) um mehr als das Doppelte. Die Hochschulsysteme dieser beiden Bundesländer zeichnen sich folglich durch eine besonders hohe Effizienz ihrer Patentaktivität aus.

Diversität der Erfindenden

Zur Ausschöpfung von Innovationspotenzialen können Hochschulen von der Diversität ihrer Erfindenden profitieren. Dabei stehen insbesondere die Potenzialgruppen der Frauen sowie der Personen mit ausländischen Wurzeln im Fokus. Zur Berechnung des Frauenanteils wurde das Vornamensmodul der IW-Patentdatenbank verwendet (Koppel et al., 2019). Dieses Modul beinhaltet die rund 42.000 verschiedenen Vornamen aller Erfindenden aus Deutschland, die seit dem Jahr 1994 an Patentanmeldungen beteiligt waren, und ordnet diesen ein Geschlecht (weiblich, männlich, unisex) zu. Zeichnen für eine bestimmte Patentanmeldung beispielsweise eine Frau und drei Männer als Erfindende verantwortlich, so wird der zugehörigen Hochschule diese Patentanmeldung zu einem Viertel den weiblichen Erfindenden zugerechnet. Zudem wurden die Vornamen einem oder mehreren von insgesamt 24 Sprachräumen zugeordnet, um jene Region der Welt zu bestimmen, in der mit hoher Wahrscheinlichkeit die Wurzeln der betreffenden Person liegt. Die Berechnung des Anteils Erfindender mit Migrationshintergrund erfolgt ebenfalls nach diesem Prinzip.

Im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2021 wurden 11,6 Prozent aller Patente im Hochschulbereich von Frauen hervorgebracht. Der entsprechende Anteil lag damit rund doppelt so hoch wie im Durchschnitt aller Patentanmeldungen aus Deutschland (Haag/Schumacher, 2024). Bei der Analyse des Frauenanteils sowie des Anteils Erfindender mit ausländischen Wurzeln auf Ebene einzelner Hochschulen empfiehlt es sich, die Werte von Hochschulen mit einer nur geringen Gesamtzahl an Patentanmeldungen als Ausreißer zu interpretieren.  Unter den quantitativ besonders relevanten Top-15-Hochschulen zeigt sich, dass fast jede vierte Patentanmeldung (23,3 Prozent) der Eberhard-Karls-Universität Tübingen vollumfänglich auf Frauen zurückzuführen ist. Auch die Friedrich-Schiller-Universität Jena aktiviert mit einem entsprechenden Anteil von 16,5 Prozent sehr erfolgreich das Potenzial von Erfinderinnen.

Im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2021 wurden 19,3 Prozent aller Patentanmeldungen im Hochschulbereich von Erfindenden mit ausländischen Wurzeln hervorgebracht. Unter den Top-15 hebt sich die Technische Universität Berlin mit einem entsprechenden Anteil von 28,8 ab, im Westen des Landes gilt dies für die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg mit einem Referenzwert von 26,3 Prozent.

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