Immer mehr Menschen in Deutschland haben das Gefühl, nicht mehr frei ihre Meinung äußern zu dürfen. Insbesondere der öffentliche Diskurs wird von vielen Deutschen als zunehmend respektlos wahrgenommen.
Außerhalb der Echokammer: Eine Analyse des Bundestagswahlkampfs 2021 auf Twitter
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Immer mehr Menschen in Deutschland haben das Gefühl, nicht mehr frei ihre Meinung äußern zu dürfen. Insbesondere der öffentliche Diskurs wird von vielen Deutschen als zunehmend respektlos wahrgenommen.
Eine Analyse des Bundestagswahlkampfs 2021 auf Twitter verdeutlicht, woher entsprechende Einstellungsmuster rühren könnten. Während die rund 3.000 Tweets der Spitzenkandidierenden größtenteils neutral und sachlich klassifiziert werden können, zeichnet eine KI gestützte Sentimentanalyse der knapp 350.000 direkten Antworten auf Politiker*innen-Tweets das Bild eines deutlich verrohten Diskurses nach. So schlägt den politischen Spitzenkandidierenden themen- und lagerabhängig ein deutlich negativ intoniertes Echo entgegen. In der Komfortzone der vieldiskutierten Filterblasen scheinen sie sich kaum zu bewegen. Vielmehr lässt sich über (abstrakte) Likes und Retweets hinaus affirmative Kommunikation lediglich in Ausnahmefällen konstatieren. Vielmehr scheint in den unterschiedlichen hoch polarisierten Themendiskursen eine nüchtern formulierte gegenläufige Position auszureichen, damit hasserfüllte Online Firestorms über die Kandierenden hereinbrechen. Tatsächlich mögen eben die harschen Reaktionen auf neutral formulierte Inhalte ein Grund dafür sein, dass die Grenzen des Sagbaren deutlich restriktiver wahrgenommenen werden. Die Analyse deckt zudem auf, dass die aggressiven Reflexe im digitalen Diskursraum keineswegs einem bestimmten politischen Spektrum wie etwa dem rechten Rand vorbehalten bleiben. Des Weiteren wird Twitter von Spitzenkandidierenden kaum genutzt, um mit Interessierten diskursiv in Kontaktakt zu treten, sondern konstituiert größtenteils einen weiteren Kanal der politischen top-down Kommunikation.
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Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
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