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Matthias Diermeier / Judith Niehues / Samina Sultan IW-Report Nr. 29 7. Juni 2024 Europa wählt: Wen interessiert’s und warum?: Einstellungen der Deutschen zur EU-Wahl und Europapolitik

Die vorliegende Studie zeigt auf Basis der IW-Personenbefragung 2024, dass rund 62 Prozent der Deutschen die Wahl des Europäischen Parlaments für wichtig halten. Dies ist das Ergebnis unter rund 5.200 Befragten. Der Anteil liegt damit in etwa so hoch wie die Wahlbeteiligung im Jahr 2019.

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Einstellungen der Deutschen zur EU-Wahl und Europapolitik
Matthias Diermeier / Judith Niehues / Samina Sultan IW-Report Nr. 29 7. Juni 2024

Europa wählt: Wen interessiert’s und warum?: Einstellungen der Deutschen zur EU-Wahl und Europapolitik

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die vorliegende Studie zeigt auf Basis der IW-Personenbefragung 2024, dass rund 62 Prozent der Deutschen die Wahl des Europäischen Parlaments für wichtig halten. Dies ist das Ergebnis unter rund 5.200 Befragten. Der Anteil liegt damit in etwa so hoch wie die Wahlbeteiligung im Jahr 2019.

Die Empfindung für diese Relevanz kann um rund 6 Prozentpunkte gesteigert werden, wenn die Befragten über den Einfluss der Europäischen Union (EU) auf die deutsche Gesetzgebung informiert werden, und sogar um rund 8 Prozentpunkte, wenn zusätzlich noch ein konkretes Gesetz (Abschaffung der Roaming-Gebühren) genannt wird. Mit einer Information über die Bedeutung des europäischen Binnenmarktes für die deutsche (Export-)Wirtschaft steigt die empfundene Relevanz der Europawahl auf knapp über 70 Prozent, ein Plus von 8,6 Prozentpunkten. Wenn zusätzlich noch darauf hingewiesen wird, dass Millionen deutsche Arbeitsplätze auf den europäischen Binnenmarkt zurückzuführen sind, steigt der Effekt auf 9,6 Prozentpunkte. Die Informationen wirken in allen Parteianhängerschaften positiv auf die Bedeutungszumessung der Europawahl. Auffällig ist, dass die ökonomischen Argumente besonders bei der FDP-Anhängerschaft wirken, wohingegen der Hinweis auf das politische Gewicht der EU bei der Anhängerschaft der Linken verfängt. Die Befunde lassen vermuten, dass sowohl die Bedeutung der EU auf die deutsche Gesetzgebung als auch auf die Wirtschaft unterschätzt wird. Würden diese Informationen die Wahlberechtigten erreichen, könnte dies die Bedeutung, die der Europawahl zugemessen wird, vergrößern. Dies ist insofern relevant, da die Wahrscheinlichkeit, dass Befragte explizit angeben, nicht an der Europawahl teilnehmen zu wollen steigt, wenn sie diese als unwichtig einschätzen. Im Umkehrschluss könnte es für die Erhöhung der Wahlbeteiligung bei der Europawahl förderlich sein, gezielt über den Einfluss der EU zu informieren. Um diese Befunde zu erhärten, sollten weitere Forschungsarbeiten den langfristigen Effekt der Informationsdissemination in den Fokus nehmen.

Befragt nach der Zukunft der EU zeichnet sich in der Gesamtschau zwar ein klares Bekenntnis zur EU ab, gleichzeitig geht aus den Befragungsergebnissen eine gewisse Veränderungsresistenz hervor. Deutliche Ablehnung (69 Prozent) gibt es für einen „DEXIT“, gleichzeitig findet sich aber auch keine eindeutige Mehrheit für eine Stärkung der Kompetenzen, die Aufnahme weiterer Mitgliedstaaten, oder eine bessere finanzielle Ausstattung der EU. Der Blick in die Parteianhängerschaften zeigt die tiefverankerte Europaskepsis der AfD-Anhängerschaft: Als einzige neigt sie mehrheitlich (53 Prozent) einem „DEXIT“ zu und nur ein geringer Anteil (13 Prozent) hat das Gefühl, die Politik in Brüssel mitbestimmen zu können. Sympathisanten von Freien Wählern und vom BSW sehen zwar eine stärkere finanzielle Beteiligung Deutschlands an der EU besonders kritisch, einen Austritt aus der EU lehnen sie aber mit überwältigender Mehrheit ab. Als Kontrastfolie bildet sich die proeuropäische Anhängerschaft der Grünen heraus. Auch hier besteht allerdings keine Mehrheit für einen stärkeren finanziellen Beitrag Deutschlands an den europäischen Haushalt.

Passend zu den großen Unterschieden zwischen den Wählerschaften belegen Regressionsanalysen, dass die politischen Einstellungen zu den strittigen Politikfeldern Migration, Klimawandel, Umverteilung und Russland-Sanktionen wichtige Prädiktoren für die Einstellungen gegenüber der europäischen Integration darstellen. Menschen, die sich für mehr Umverteilung, eine verstärkte Klimapolitik, striktere Russland-Sanktionen und eine liberalere Zuwanderungspolitik aussprechen, ordnen sich eher dem integrationsfreundlichen Lager zu. Mit Blick auf sozio-demografische Charakteristika sind Ältere, Menschen aus dem ländlichen Raum sowie Menschen, die sich eher niedrigen sozialen Schichten zuordnen, seltener für eine Stärkung der EU. Die sozio-demografischen Merkmale liefern jedoch einen merklich geringeren Erklärungsbeitrag für die beobachtete Varianz in den Einstellungen zur Europapolitik als subjektive Einschätzungen zur wirtschaftlichen Entwicklung, zur Demokratie und den abgefragten Politikfeldern.

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