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Sarah Pierenkemper / Fabian Semsarha IW-Kurzbericht Nr. 54 8. August 2024 Fachkräftesicherung durch ausländische Auszubildende

Ausländische Auszubildende spielen eine zunehmend wichtige Rolle bei der Fachkräftesicherung in Deutschland. Trotz eines Rückgangs von Ausbildungsanfängern hat sich die Zahl ausländischer Azubis seit 2009 fast verdoppelt. Dadurch konnte knapp ein Viertel des Rückgangs der deutschen Ausbildungsanfänger durch nicht deutsche Azubis kompensiert werden.

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Fachkräftesicherung durch ausländische Auszubildende
Sarah Pierenkemper / Fabian Semsarha IW-Kurzbericht Nr. 54 8. August 2024

Fachkräftesicherung durch ausländische Auszubildende

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Ausländische Auszubildende spielen eine zunehmend wichtige Rolle bei der Fachkräftesicherung in Deutschland. Trotz eines Rückgangs von Ausbildungsanfängern hat sich die Zahl ausländischer Azubis seit 2009 fast verdoppelt. Dadurch konnte knapp ein Viertel des Rückgangs der deutschen Ausbildungsanfänger durch nicht deutsche Azubis kompensiert werden.

Fachkräftesicherung durch Ausbildung

Für eine nachhaltige Fachkräftesicherung spielt die duale Berufsausbildung eine entscheidende Rolle. Im Jahr 2023 waren 816.526 Stellen, also knapp 63 Prozent aller offenen Stellen für beruflich oder akademisch qualifizierte Fachkräfte ausgeschrieben. Davon entfielen etwa 44 Prozent auf Engpassberufe, die schwer zu besetzen sind. (IW-Fachkräftedatenbank auf Basis von BA-Daten).

Steigende Anzahl unbesetzter Ausbildungsstellen

Es wird immer schwieriger für Unternehmen, ihre offenen Ausbildungsstellen zu besetzen. Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen hat sich von knapp 20.000 im Jahr 2009 auf rund 69.000 im Jahr 2022 mehr als verdreifacht (BMBF, 2023). Zum Stichtag am 30.09.2023 blieben deutschlandweit rund 73.400 Ausbildungsstellen unbesetzt, was etwa 14 Prozent aller gemeldeten Ausbildungsstellen entspricht. Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen ist damit zum vierten Mal in Folge gestiegen (BMBF, 2024).

Rückgang deutscher Auszubildender

Die Gesamtzahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge steigt seit dem pandemiebedingten Tiefstand im Jahr 2020 wieder leicht an. Im Jahr 2023 wurden knapp 490.000 neue Verträge abgeschlossen, was jedoch noch weit unter den Zahlen vor der Corona-Krise liegt (BMBF, 2024). Zuvor sank die Anzahl der deutschen Ausbildungsanfänger seit Jahren trendmäßig. 2022 begannen knapp 112.000 weniger deutsche Staatsbürger eine Ausbildung als im Jahr 2009, was einem Rückgang von über 20 Prozent entspricht. Grund hierfür sind insbesondere der durch den demografischen Wandel bedingte Rückgang der Schulabgänger. Hinzu kommen zunehmende Passungsprobleme sowie die steigende Anzahl an Studienanfängern.

Ausländische Azubis reduzieren Rückgang  

Parallel zum Rückgang der deutschen Azubis hat sich die Anzahl der Ausbildungsanfänger mit nicht deutscher Staatsangehörigkeit von rund 30.000 auf knapp 55.000 Personen fast verdoppelt. Auch hier zeigen sich die Auswirkungen der Corona-Krise durch einen kurzfristigen Rückgang der ausländischen Ausbildungsanfänger im Jahr 2020. Seitdem steigen die Zahlen der Ausbildungsanfänger aber wieder deutlich an.

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Seit 2009 konnte so knapp ein Viertel (22 Prozent) des Rückgangs der deutschen Ausbildungsanfänger mit nicht deutschen Azubis kompensiert werden.

Obwohl ausländische Azubis den Rückgang deutscher Ausbildungsanfänger nicht vollständig auffangen können, spielen sie eine zunehmend wichtige Rolle bei der Besetzung von Ausbildungsstellen und tragen wesentlich zur nachhaltigen Fachkräftesicherung bei. Die häufigsten Nationalitäten unter den ausländischen Ausbildungsanfängern sind Syrien, Afghanistan, Irak und Türkei (BA, 2023).

Besonders auffällig ist, dass ausländische Ausbildungsanfänger häufiger als deutsche Ausbildungsanfänger eine Ausbildung in Engpassberufen beginnen, d. h. in Berufen, die auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer zu besetzen sind. Im Jahr 2022 begannen 85 Prozent der ausländischen Ausbildungsanfänger ihre Ausbildung in solchen Berufen, gegenüber 81 Prozent der deutschen Ausbildungsanfänger (FES, 2024). Gründe hierfür könnten besserer Ausbildung- und Arbeitsmarktchancen in diesen Berufen sein (KOFA, 2023).  

Immer noch benachteiligte Zielgruppe

Dennoch sind ausländische Jugendliche bei der Ausbildungssuche nach wie vor weniger erfolgreich als deutsche Jugendliche. Nur 37 Prozent der gemeldeten ausländischen Bewerber und Bewerberinnen fanden im Jahr 2023 einen Ausbildungsplatz. Im Vergleich dazu waren es bei den deutschen Bewerbern 50 Prozent (BA, 2023). Hier besteht also noch ein hohes Potenzial bei der Besetzung von Ausbildungsstellen.  

Fazit

Auszubildende mit ausländischer Staatsangehörigkeit leisten einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Fachkräftesicherung. Es ist wichtig, politische und strukturelle Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Zugang zu Ausbildung und Beschäftigung erleichtern, um auf ihr Potenzial zurückzugreifen und die Teilnahmechancen für Menschen mit Migrationshintergrund zu erhöhen. Denn noch immer verfügen Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit über ein höheres Armutsrisiko und schlechtere Bildungschancen (Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2023; Statistisches Bundesamt, 2024).

Eine breite und frühzeitige Berufsorientierung ist entscheidend für den Erfolg einer Ausbildung. Für ausländische Jugendliche sind Informationen über die duale Ausbildung als attraktive Karriereoption besonders wichtig, da diese in ihren Herkunftsländern oft nicht bekannt ist. Spezielle Programme können dazu beitragen, die Vielfalt der Ausbildungsberufe zu vermitteln und über Karrieremöglichkeiten zu informieren.

Idealerweise sollten Jugendliche dort angesprochen werden, wo sie sich bevorzugt aufhalten, z. B. in Vereinen oder Jugendzentren. Auch die Werbung im Ausland für eine Berufsausbildung kann sinnvoll sein. Teilweise geschieht dies bereits über das Portal der Bundesregierung zur Fachkräfteeinwanderung Make it in Germany.

Damit die Ausbildung gelingt, benötigen die Jugendlichen und Unternehmen Unterstützung. Denn die Ausbildungslösungsqoute ist bei ausländischen Azubis höher als bei deutschen. 28,2 Prozent der deutschen Azubis haben 2022 ihren Ausbildungsvertrag vorzeitig gelöst, bei den Azubis mit ausländischer Staatsangehörigkeit waren es 39,7 Prozent (BIBB, 2023). Programme zur gezielten Besetzung offener Ausbildungsstellen sollten gefördert und bekannt gemacht und Ausbilder durch Schulungen unterstützt werden, um mit der Vielfalt in den Belegschaften besser umgehen zu können.

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