1. Home
  2. Studien
  3. Was macht Arbeitgeber attraktiv?
Helena Bach / Andrea Hammermann IW-Kurzbericht Nr. 55 9. August 2024 Was macht Arbeitgeber attraktiv?

Die Wahl des Arbeitgebers machen nahezu alle Beschäftigten davon abhängig, wie sicher der Arbeitsplatz ist. Karrieremöglichkeiten sind dagegen nicht für jeden ein Muss. Je nach Alter, Geschlecht oder Qualifikation können sich Arbeitsplatzpräferenzen unterscheiden.

PDF herunterladen
Was macht Arbeitgeber attraktiv?
Helena Bach / Andrea Hammermann IW-Kurzbericht Nr. 55 9. August 2024

Was macht Arbeitgeber attraktiv?

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die Wahl des Arbeitgebers machen nahezu alle Beschäftigten davon abhängig, wie sicher der Arbeitsplatz ist. Karrieremöglichkeiten sind dagegen nicht für jeden ein Muss. Je nach Alter, Geschlecht oder Qualifikation können sich Arbeitsplatzpräferenzen unterscheiden.

Was macht Arbeitgeber attraktiv? Eine Frage, die in Zeiten von Arbeitskräfteengpässen für die Unternehmen von existenzieller Bedeutung ist. Untersuchungen über die Präferenzen (potenzieller) Bewerber können dabei helfen, Entscheidungen für oder gegen einen Arbeitsplatz besser zu verstehen und Hinweise geben, welche Aspekte in den Stellenangeboten hervorgehoben werden sollten. Wird in Studien (wie bei Prümer/Schnabel, 2023) die Attraktivität von Berufen oder Branchen anhand bestimmter Arbeitsbedingungen verglichen, wird bereits ein verallgemeinerbares Wissen darüber vorausgesetzt, was einen guten Arbeitgeber ausmacht. Die folgenden Ausführungen setzen einen Schritt früher an und versuchen zunächst aufzudecken, welche Aspekte einen Arbeitgeber positiv hervorheben können und ob sich Präferenzen zwischen unterschiedlichen Beschäftigtengruppen unterscheiden.

Merkmale attraktiver Arbeitgeber

Eine aktuelle Befragung von gut 5.000 abhängigen Beschäftigten in Deutschland (IW-Beschäftigtenbefragung 2024) gibt einen Einblick in die Bedeutung verschiedener Arbeitgebermerkmale. Die Bewertung von neun Aspekten erfolgt dabei auf einer vierstufigen Skala von wichtig, eher wichtig, eher unwichtig zu unwichtig plus einer Weiß-nicht Option. Ein sicherer Arbeitsplatz, das eigene Wissen und Können voll einbringen zu können und kurze Fahrtzeiten zwischen Wohnort und Betrieb werden am häufigsten als erforderliche Arbeitgebermerkmale genannt (Grafik). Für 90 Prozent aller Beschäftigten und mehr sind diese Aspekte wichtig oder eher wichtig.

Große Entscheidungsspielräume zu haben, wird von drei Vierteln der Beschäftigten als wichtig oder eher wichtig erachtet. Die Verantwortlichkeit, die mit zunehmenden Entscheidungsspielräumen einhergeht, wird damit nicht von allen positiv bewertet. Dies korrespondiert mit dem Befund, dass unter anderem Karrieremöglichkeiten in der Rangfolge attraktiver Arbeitgebermerkmale an unterster Stelle stehen. Denn so sind nur für etwas mehr als ein Fünftel die Karriereoptionen ein wichtiger, für ein weiteres Drittel zumindest ein eher wichtiger Aspekt. Eine geringere Bedeutung wird auch dem Beitrag der eigenen Arbeit zur Verbesserung der ökologischen Nachhaltigkeit beigemessen. Dieses Merkmal wird am zweitschwächsten gewichtet.

Für etwa drei Viertel der Beschäftigten ist eine betriebliche Altersversorgung und für gut 70 Prozent eine Tarifbindung des Betriebs wichtig oder eher wichtig. Auch Befunde von Bach (2024) zeigen, dass eine Tarifbindung mit guten Arbeitsbedingungen assoziiert wird. Die Ergebnisse eines Auswahlexperimentes machen jedoch auch deutlich, dass eine tarifliche Entlohnung in Stellenanzeigen nicht mehr überzeugen kann als eine markt- oder leistungsgerechte Bezahlung.

Inhaltselement mit der ID 13690 Inhaltselement mit der ID 13691
Inhaltselement mit der ID 13693

Zwei Drittel der Befragten sehen eine Vergütung, die von der eigenen Leistung oder der des Teams abhängt, als wichtiges oder eher wichtiges Arbeitgebermerkmal an. Die Bedeutung der Bezahlung wird in der vorliegenden Untersuchung jedoch nur anhand ausgewählter Aspekte erfragt. Eine als besser empfundene Bezahlung ist nach wie vor der häufigste Grund für einen Arbeitgeberwechsel (Grömling et al., 47). Allerdings geht der Trend in der betrieblichen Vergütungspraxis weg von Bestandteilen, die die individuelle Leistung anhand von Zielvereinbarungen honorieren, hin zu Teamanreizen, die neben der Mitarbeiterbindung auch die Kooperationsbereitschaft untereinander fördern (Grunau et al., 2021).

Unterschiede nach Beschäftigtengruppen

Um den Präferenzen der Beschäftigten noch etwas näher zu kommen, lohnt sich ein differenzierter Blick auf Unterschiede in Abhängigkeit vom Alter der Befragten. Erwartungsgemäß zeigt sich, dass mit 77 Prozent jüngere Beschäftigte unter 30 Jahren deutlich häufiger Wert auf Karrieremöglichkeiten legen als Beschäftigte im Alter von 55 Jahren und älter (38 Prozent). Mit zunehmendem Alter sinkt der Wert von Beförderungen und Aufstiegsmöglichkeiten verlieren an Bedeutung. Größere Unterschiede nach Altersgruppen finden sich auch bei der Bewertung einer Tarifbindung des Betriebs. Ältere legen mehr Gewicht auf die Tarifbindung eines Betriebs als Jüngere (77 zu 60 Prozent).

Bei vielen abgefragten Merkmalen zeigt sich, dass die Kategorie „wichtig“ seltener und die Kategorie „eher wichtig“ häufiger von jüngeren als von älteren Beschäftigten ausgewählt wird. Mögliche Begründungen dafür könnten sein, dass Beschäftigte zu Beginn des Arbeitslebens noch mehr Wert auf hier nicht abgefragte Aspekte wie spannende Jobinhalte, Betriebsklima, internationale Einsatzgebiete oder das Unternehmensimage legen. Weitere Erklärungen könnten sein, dass Jüngere noch offener für Jobwechsel sind und gleichzeitig weniger Arbeitsmarkterfahrung mitbringen. Daher könnten sie noch weniger festgelegt sein, was ein Arbeitsplatz bieten muss.

Zu beachten bleibt, dass es sich bei den beschriebenen Altersunterschieden nicht automatisch um Generationeneffekte handelt. Bewertungsunterschiede aufgrund allgemeiner Veränderungen der Umweltfaktoren sollten nicht mit dem Effekt gleichgesetzt werden, der sich aus unterschiedlichen Wünschen und Bedarfen von Beschäftigten in den jeweiligen Lebensphasen zu einem gewissen Zeitpunkt ergibt.

Die Präferenzen unterscheiden sich neben dem Alter auch entlang weiterer Charakteristika. So wünschen sich Führungskräfte häufiger eine leistungsabhängige Vergütung, Entscheidungsspielräume sowie Karrieremöglichkeiten und seltener eine Tarifbindung oder einen sicheren Arbeitsplatz. Eine niedrigere Karriereorientierung findet sich bei Personen mit beruflichem Ausbildungsabschluss, während Tarifverträge für Beschäftigte mit Berufs- oder Fortbildungsabschluss am wichtigsten sind. Die Vorstellungen von einem guten Arbeitsplatz können somit auch je nach Führungsverantwortung und Qualifikation variieren.

Frauen legen häufiger Wert auf einen sicheren Arbeitsplatz und geringe Fahrtzeiten. Tatsächlich wenden Männer auch mehr Zeit für das Pendeln zum Arbeitsort auf (Fuchs et al., 2024). Ein plausibler Befund, da Frauen meist einen Großteil der Sorgearbeit leisten und somit besonderen Zeitkonflikten zwischen Beruf und Familie ausgesetzt sind. Auffällig ist, dass Frauen stärker nach Jobs suchen, in denen sie ihr Wissen und Können voll einbringen können. Ob dies möglicherweise daran liegt, dass Männer es eher wagen, auch Stellen anzunehmen, die vermeintlich weniger ihrer Qualifikation entsprechen, oder andere Präferenzen relativ stärker ins Gewicht fallen wie der Ertrag ihrer Arbeit in Form von Status und Einkommen, wäre näher zu untersuchen.

Ableitungen für die Praxis

Ein sicherer Job, in dem sich Beschäftigte entfalten können und dafür fair entlohnt werden, ist nach wie vor ein bewährtes Erfolgskonzept. Auch in Zeiten von Homeoffice bleibt zudem der Standort ein entscheidender Faktor, da kurze Pendelzeiten für den Großteil der Beschäftigten wichtig sind. Denkbar ist, dass flexible Homeoffice-Regelungen dabei helfen können, auch Beschäftigte mit längeren Fahrtwegen zu gewinnen und zu binden. Eine Studie von Coskun et al. (2024) stellt bereits eine erste Ausdehnung der Entfernung zwischen Arbeits- und Wohnort seit 2021 fest – für Beschäftigte in Berufen, die von zu Hause ausgeübt werden können.

Geht es um Jobpräferenzen sind die Beschäftigten keine homogene Gruppe. Je nach Alter, Führungsverantwortung oder Geschlecht können sich die Anforderungen an den eigenen Arbeitsplatz deutlich unterscheiden. Zudem sind persönliche Sympathien und die „Chemie“ nicht zu unterschätzen. Ein Patentrezept für gute Arbeitsbedingungen kann es daher nicht geben. Zudem kann die Arbeitgeberattraktivität nur auf betrieblicher, jedoch nicht auf volkswirtschaftlicher Ebene ein Ansatzpunkt zur Lösung des Fachkräftemangels sein.

PDF herunterladen
Was macht Arbeitgeber attraktiv?
Helena Bach / Andrea Hammermann IW-Kurzbericht Nr. 55 9. August 2024

Was macht Arbeitgeber attraktiv?

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Mehr zum Thema

Artikel lesen
Unzufriedener Chef im Gespräch mit seinen Kollegen bei einer Besprechung im Büro.
Oliver Stettes IW-Trends Nr. 3 8. August 2024

Digitale und ökologische Transformation, betriebliche Konfliktfelder und die Rolle von Betriebsräten

Digitalisierungsprozesse sowie Umwelt- und Klimaschutzinvestitionen gehen häufig mit der Einführung neuer Verfahren und Arbeitsmethoden einher. Wo auf derartige Prozessinnovationen gesetzt wird, berichten 56 Prozent der Unternehmen von betrieblichen Konflikten ...

IW

Artikel lesen
Holger Schäfer IW-Kurzbericht Nr. 49 29. Juli 2024

Wer zählt sich zu den Verlierern am Arbeitsmarkt?

Lediglich 5 Prozent der Beschäftigten schätzen ihre Arbeitsmarktperspektiven für das laufende und nächste Jahr pessimistisch ein. Die Betroffenen fürchten vor allem, dass ihre Tätigkeit künftig nicht mehr gebraucht wird.

IW

Mehr zum Thema

Inhaltselement mit der ID 8880