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Hubertus Bardt IW-Kurzbericht Nr. 75 8. Oktober 2024 Weltraumwirtschaft wächst

Nach mehr als einem halben Jahrhundert nimmt der Mensch den Mond wieder ins Visier. Während die bemannte Raumfahrt im öffentlichen Interesse steht, haben Satelliten wirtschaftlich immer größere Bedeutung gewonnen.

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Weltraumwirtschaft wächst
Hubertus Bardt IW-Kurzbericht Nr. 75 8. Oktober 2024

Weltraumwirtschaft wächst

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Nach mehr als einem halben Jahrhundert nimmt der Mensch den Mond wieder ins Visier. Während die bemannte Raumfahrt im öffentlichen Interesse steht, haben Satelliten wirtschaftlich immer größere Bedeutung gewonnen.

Sie werden militärisch, wissenschaftlich oder kommerziell eingesetzt und erfüllen Beobachtungs- und Kommunikationsaufgaben. Der Umsatz der nicht-staatlichen Weltraumwirtschaft liegt global bei 285 Milliarden Euro. Die private unbemannte Weltraumwirtschaft ist zwischen 2013 und 2023 um 54 Milliarden Euro oder 23 Prozent angestiegen. Besonders stark war das Wachstum der Fernerkundungsdienste. Satellitentechnologie ist bedeutend für zahlreiche Anwendungen wie Landwirtschaft, Logistik und GPS. Für die Zukunft wird ein weiteres deutliches Wachstum erwartet. Die Raumfahrt hat sich von einem Nischenthema zu einem wirtschaftlich bedeutenden Sektor entwickelt.

Mehr als ein halbes Jahrhundert nach den ersten Mondlandungen, nimmt der Mensch den Erdtrabanten wieder ins Visier. Mit dem NASA-Programm Artemis sollen nach aktuellem Stand zwischen 2026 und 2028 erstmals wieder Astronauten auf dem Mond landen – mindestens 54 Jahre nach der bisher letzten Mission Apollo 17. Zahlreiche private Unternehmen wie Boeing und SpaceX sind als Lieferanten von Teilen der komplexen Systeme beteiligt.

Während die bemannte Raumfahrt, die inzwischen auch von Privatunternehmen durchgeführt wird, im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses steht, haben Satelliten und deren Nutzung wirtschaftlich immer größere Bedeutung gewonnen. Auch wenn Astronauten seit Jahrzehnten nur noch in die Erdumlaufbahn gekommen sind und das ferne Ziel der Mondmissionen nicht mehr angestrebt wurde, hat die erdnahe Raumfahrt sich zu einem entscheidenden Faktor heutiger Technologien entwickelt.

Die weitgehend staatlich organisierte bemannte Raumfahrt in die Erdumlaufbahn oder zum Mond sowie die dabei durchgeführten Experimente haben im Schwerpunkt wissenschaftlichen Charakter. Im Gegensatz dazu werden Satelliten zu sehr unterschiedlichen Zwecken eingesetzt. Sie können militärisch, wissenschaftlich oder kommerziell eingesetzt werden und sowohl Beobachtungs- als auch Kommunikationsaufgaben erfüllen.

Die wirtschaftliche Bedeutung ergibt sich auf verschiedenen Ebenen (Bardt, 2019). Satelliten müssen hergestellt und in den Orbit verbracht werden. In der Nutzungsphase werden Kommunikationsleistungen und Erdbeobachtungsdienste wirtschaftlich verwendet. Um diese nutzen zu können, sind bodengestützte Technologien auf Anbieter- und Verbraucherseite notwendig. Dazu zählen die bodengestützte Netzwerkausrüstung, satellitengestützte Empfangsgeräte und Sattelitennavigationsausrüstung. Die gemessenen Umsätze beinhalten nicht die damit verbundenen Aktivitäten, die erst durch die Satellitendienste wie Daten oder Kommunikationsangebote möglich gemacht werden.

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Der Umsatz der nicht-staatlichen Weltraumwirtschaft (ohne bemannte Raumfahrt) liegt global bei 285 Milliarden Euro (Abbildung). Hinzu kommen weitere 114 Milliarden in der staatlichen und der kommerziellen bemannten Raumfahrt, der kleinste Teil davon entfällt bisher auf private Reisen ins All.

Innerhalb der kommerziellen Satellitenwirtschaft hat der Umsatz der Bodenausrüstung den der Kommunikationsdienste als wichtigstes Segment überholt. 53 Prozent des Umsatzes oder 150,4 Milliarden Euro entfielen 2023 auf Netzwerke, Empfangsgeräte beispielsweise für Satelliten-TV oder Internet und Navigation. Über drei Viertel davon wiederum machen Navigationsgeräte und die damit verbundenen spezialisierten Chips aus. Mit 107 Milliarden Euro oder 38 Prozent folgen die Umsätze der Kommunikationsdienstleistungen wie Fernsehen, Radio, Telefon und Internet. Diese beiden Faktoren summieren sich auf 90 Prozent des Gesamtumsatzes. Fernerkundungsdienste sind dagegen mit 3,2 Milliarden Euro noch sehr klein. Der Bau von Satelliten schlägt mit 17,2 Milliarden Euro deutlich weniger zu Buche als die damit erreichten Dienste. Noch weniger entfällt auf die Startkosten.

Innerhalb einer Dekade haben sich die Gewichte deutlich verschoben. Ausrüstung und Kommunikationsdienste haben ihre Anteile am Gesamtumsatz getauscht. Dahinter liegt ein deutlicher Zuwachs bei der Hardware für Netzwerk und Empfangstechnik wohingegen der Umsatz für die Übertragung der Signale leicht zurückgegangen ist.

Insgesamt ist der Umsatz der privaten unbemannten Weltraumwirtschaft zwischen 2013 und 2023 um 54 Milliarden Euro oder 23 Prozent angestiegen. Hohe Dynamik gab es vor allem bei der bodengestützten Technik, die um zwei Drittel oder 59 Milliarden Euro gewachsen ist. Übertragungsdienste gingen hingegen um 9 Prozent zurück, was 10 Milliarden Euro entspricht. Die Umsätze von Produktion und Starts der Satelliten sowie die Fernerkundungsdienste haben um jeweils rund anderthalb Milliarden Euro zugelegt. Besonders stark war das relative Wachstum der Fernerkundungsdienste. Diese sind innerhalb einer Dekade um 133 Prozent gewachsen, wenn auch von einem deutlich niedrigen Niveau aus.

Über die genannten Umsätze hinaus ist die Satellitentechnologie bedeutend für zahlreiche auf Kommunikation und Fernbeobachtung aufbauende Anwendungen. So arbeitet die Landwirtschaft mit Satellitendaten, Logistikunternehmen binden Erdbeobachtungsdaten in die Risikoabschätzung mit ein. Dynamische Positionsbestimmungen finden zumeist über GPS und vergleichbare Dienste statt. Für die Vernetzung globaler Produktionsstätten und weltweit verteilter Produkte können satellitenbasierte Internetverbindungen zwingend sein. Die kommerzielle Nutzung des Weltraums geht inzwischen weit über die Übertragung von Fernsehsignalen und Telefonverbindungen hinaus.

Nach vorne gedacht werden weltraumbasierte Dienste weiter an Bedeutung gewinnen. Roland Berger schätzt das Marktvolumen raumfahrtbasierter Dienste für 2021 auf 320 Milliarden Euro und geht bis 2040 von einer Verdoppelung je Dekade aus (Roland Berger / BDI, 2023). So sind beispielsweise autonome Fahrzeuge auf stabile Echtzeit-Daten angewiesen, die im Zweifel über Satellitendienste zugespielt werden. Für Verbindungen in Regionen, die nicht durch bodenbasierte Funknetze abgedeckt werden können, steht Satelliteninternet zur Verfügung. So ist beispielsweise die Kommunikation mit Schiffen auf hoher See auf derartige Verbindungen angewiesen. Auch E-Health für Patienten in abgeschiedenen Gegenden wird stabile Satellitenverbindungen benötigen. In Verbindung mit neuen KI-basierten Analysemethoden können auch die Bilder von Erdbeobachtungssatelliten besser verwertet und in datengestützte Geschäftsmodelle integriert werden. Im Kontext der Entwicklung der Industrie 4.0 spielen auch Satellitenübertragene Daten eine wachsende Rolle, beispielsweise beim Tracking während des Containertransports (Kraus/Knopp, 2024).  

Die Raumfahrt ist kein unbedeutendes Nischenthema mehr, dass durch bemannte Missionen im Orbit oder zum Mond (und eines Tages zum Mars) spektakulär bleibt. Zu den wissenschaftlichen Aufgaben der Missionen und der geostrategischen beziehungsweise militärischen Funktion hat sich zunehmend eine ökonomische Dimension gestellt. Unbemannte Raumfahrt und Satelliten gewinnen wirtschaftlich immer mehr an Bedeutung. Das Potential kann zusammen mit den USA als dominierende Weltraummacht entwickelt werden (Murray, 2023). Entsprechend sollte die sich auch in Deutschland dynamisch entwickelnde Branche politisch Beachtung finden.

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