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Martin Beznoska / Jan Wendt IW-Kurzbericht Nr. 53 7. August 2024 CO₂-Preis und Auswirkungen auf regionale Kraftstoffpreise

Bis zum Jahr 2026 erhöht sich in Deutschland der CO2-Preis auf fossile Heizenergieträger und Kraftstoffe schrittweise jeweils zum Jahresbeginn. Zum 1. Januar 2024 stieg der Preis hierzulande von 30 auf 45 Euro pro Tonne CO2.

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CO₂-Preis und Auswirkungen auf regionale Kraftstoffpreise
Martin Beznoska / Jan Wendt IW-Kurzbericht Nr. 53 7. August 2024

CO₂-Preis und Auswirkungen auf regionale Kraftstoffpreise

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Bis zum Jahr 2026 erhöht sich in Deutschland der CO2-Preis auf fossile Heizenergieträger und Kraftstoffe schrittweise jeweils zum Jahresbeginn. Zum 1. Januar 2024 stieg der Preis hierzulande von 30 auf 45 Euro pro Tonne CO2.

Dies führte zu einer Verteuerung der Preise für Benzin und Diesel an deutschen Tankstellen. Am Neujahrstag stieg der Preis an den Zapfsäulen aber je nach Region unterschiedlich stark – das zeigt eine Analyse von Preisdaten.

Die im Rahmen des Klimaschutzprogrammes 2030 im Jahr 2019 von der damaligen Bundesregierung beschlossene schrittweise Erhöhung des CO2-Preises soll die Emissionen reduzieren und somit zum Erreichen der deutschen Klimaziele beitragen. In der Konsequenz sollten sich Preiseffekte bei den Verbraucherpreisen insbesondere für Heizenergie und Kraftstoffe bemerkbar machen. Zum 1. Januar 2024 stieg der CO2-Preis von 30 Euro pro Tonne auf 45 Euro pro Tonne. Der Preispfad des Gesetzes sieht eine weitere Anhebung auf 55 Euro zum Januar 2025 vor. Anschließend wird der Festpreis im Jahr 2026 in einen Emissionshandel überführt, bei dem Emissionszertifikate in einem Preiskorridor zwischen 55 und 65 Euro ausgegeben werden und anschließend über einen Markt gehandelt werden können.

Primäres Ziel der CO2-Bepreisung ist die Internalisierung externer Kosten der CO2-Emissionen, die beim Verbrauch fossiler Energieträger entstehen und schädlich auf das Klima wirken. Deutschland hat sich verpflichtet, die CO2-Emissionen bis 2030 deutlich zu senken, um die Auswirkungen auf den Klimawandel zu begrenzen. Durch die Verteuerung der fossilen Energieträger wird die Nutzung alternativer regenerativer Energiequellen sowie die Investitionen in deren Bereitstellung attraktiver. Außerdem setzt der höhere Preis bei den privaten Haushalten Anreize, klimaschädlichen Konsum zu reduzieren. Allerdings erzielt der Staat hohe Einnahmen über den CO2-Preis, da dieser wie eine CO2-Steuer ausgestaltet ist. Die Einnahmen werden in Deutschland dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) zugeführt und betrugen 10,7 Milliarden Euro im Jahr 2023 (hinzu kommen noch Einnahmen aus dem Europäischen Emissionshandel).

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Benzin (E5) Preisveränderung vom 31.12.2023 auf den 01.01.2024 in Euro

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Der CO2-Preis hat weitreichende Auswirkungen. Unter der Annahme eines vollkommen elastischen Angebots in einem Konkurrenzmarkt werden die zusätzlichen Kosten vollständig auf die Nachfrager, sprich die privaten Haushalte, überwälzt. Da Unternehmen in Drittländern oft geringere oder keine Abgaben auf ihre Emissionen zahlen müssen, kann dies ohne Grenzausgleichsmechanismus zu Belastungen und Wettbewerbsnachteilen der heimischen Industrie führen. Diese sind jedoch beim CO2-Preis nur betroffen, sofern sie nicht bereits am Europäischen Emissionshandel teilnehmen (wie die energieintensiven Industrieunternehmen). Auch ist der Strompreis nicht direkt betroffen. Neben der Verteuerung der eingesetzten Energieträger im Produktionsprozess, die damit indirekt Preisauswirkungen auf sehr viele Konsumgüter hat, spüren Verbraucherinnen und Verbraucher vor allem die direkten Preiswirkungen auf Heizenergie und Kraftstoffe. Dies führt zu höheren Konsumausgaben und somit zu Mehrbelastung der Einkommen. Unter der Annahme der vollständigen Überwälzung des höheren CO2-Preises führte dies in diesem Jahr zu zusätzlichen Belastungen gegenüber dem Vorjahr zwischen 80 Euro und 100 Euro im Jahr für Single-Haushalte sowie zwischen 130 Euro und 170 Euro im Jahr für Familien mit zwei Kindern (Beznoska, 2024). Wie die meisten indirekten Steuern wirkt die CO2-Bepreisung regressiv, das heißt, die relative Belastung des verfügbaren Einkommens ist am höchsten bei den niedrigen Einkommen und sinkt mit höherem Einkommen (vgl. Beznoska, 2020).

Ob sich der höhere CO2-Preis allerdings tatsächlich vollständig in die Verbraucherpreise übersetzt, ist eine empirische Frage. Die Preisentwicklung an deutschen Tankstellen um den Jahreswechsel kann ein Indiz dafür sein, ob und in welchem Umfang höhere Kosten der CO2-Emmission überwälzt werden. Endgültige Gewissheit über das Ausmaß der Überwälzung liefert der Indikator zwar nicht. Denn neben anderen Einflüssen auf den Preis (zum Beispiel der Weltmarktpreis) können höhere Kosten auch zu einem späteren Zeitpunkt weitergegen oder frühzeitig um die Weihnachtszeit eingepreist werden. Die stichtagsbezogene Erhöhung des CO2-Preises legt aber nahe, die Preisentwicklung zum Jahreswechsel zu beobachten.

Am Beispiel der Preise für E5-Benzin und Diesel, wurde untersucht, wie sich die CO2-Preiserhöhung zum 1.1.2024 konkret an den Tankstellen widergespiegelt hat. Dazu wurden Kraftstoffpreise von Tankerkönig (2024) ausgewertet, welche deutschlandweit alle Preisänderungen der Tankstellen von der Markttransparenzstelle für Kraftstoffe (MTS-K) umfassen. Rein rechnerisch ergibt sich bei vollständiger Überwälzung ein Preiseffekt im Vergleich zu 2023 von etwa 4,3 Cent für einen Liter Benzin und für einen Liter Diesel um rund 4,7 Cent. Unsere Analyse findet beim Übergang vom 31.12. auf den 1.1. einen durchschnittlichen Preiseffekt von knapp 1,7 Cent sowohl für Diesel als auch für Benzin. Dies ist jedoch wie oben beschrieben nur der unmittelbar beobachtete Preiseffekt und nicht der isoliert identifiziert Effekt der CO2-Bepreisung. Die CO2-Preiserhöhung fällt in eine Zeitperiode mit allgemein sinkenden Energiepreisen, was eine Erklärung für das geringere Ausmaß im Vergleich zum rechnerischen Preiseffekt bei vollständiger Überwälzung liefern könnte. Dafür spricht auch, dass bei einer Ausweitung des Beobachtungszeitraum zum Beispiel bei einem Vergleich zwischen den Preisen in der Woche vor und nach dem Jahreswechsel der durchschnittliche Preiseffekt noch kleiner wird.

Betrachtet man die regionale Variation des Preiseffektes beim Benzin, so findet sich eine große Heterogenität zwischen den Landkreisen und Städten am 1.1.2024 (Abbildung). Während es in den neuen Bundesländern sogar oftmals zu kleineren Preissenkungen kam oder die Preise stabil blieben, wurden in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland größtenteils Preiserhöhungen zwischen 2 Cent und 6 Cent vorgenommen. Ausreißer nach oben sind der Landkreis Siegen-Wittgenstein mit 7,1 Cent und die Stadt Pirmasens mit 7,2 Cent. Die Kraftfahrer in den Städten Krefeld und Landau in der Pfalz profitierten hingegen als einzige in diesen Bundesländern von minimalen Preissenkungen. In den sonstigen Bundesländern fielen die Preiseffekte sehr divers aus. In Niedersachsen finden sich viele Landkreise und Städte mit sehr geringen Steigerungen oder moderaten Effekten in beide Richtungen. Ausnahmen sind der Landkreis Aurich und die Stadt Emden mit Preiserhöhungen zwischen 7 Cent und 12 Cent (Emden hat somit deutschlandweit den höchsten Wert). Auf der anderen Seite gibt es Preissenkungen im Landkreis Osterholz von 1,5 Cent. In vielen Regionen Bayerns (außerhalb von Franken), Baden-Württembergs und Schleswig-Holsteins sind fast keine Preiseffekte zu finden.

Die regionalen Unterschiede in den Kraftstoffpreisen lassen sich unter anderem durch die Nähe zu Raffinerien und Ländergrenzen sowie die logistische Infrastruktur erklären. Puls/Wendt (2023) zeigen, dass die Kraftstoffpreise in westlichen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz tendenziell niedriger sind, was an der besseren Versorgung durch Raffinerien liegen kann, die über Pipelines mit Rohöl aus Rotterdam beliefert werden. Auch der Süden verfügt über ein eigenes Versorgungssystem und wird über eine transalpine Pipeline und den Hafen Triest mit Rohöl versorgt. Möglicherweise reagiert die Preisentwicklung aufgrund der besonderen Marktsituation sensibler auf Kostenanstiege, die zum Beispiel durch den höheren CO2-Preis entstehen.

Im Osten Deutschlands sind die Preise an den Zapfsäulen aufgrund der Abhängigkeit von der Raffinerie in Schwedt höher. Diese Raffinerie musste sich nach dem russischen Überfall auf die Ukraine von russischem Öl abkoppeln und alternative Lieferwege etablieren, was zu höheren Kosten führte. Hier ließe sich das Argument umkehren:  Zusätzliche Kostensteigerungen können zumindest kurzfristig nicht so leicht durchgereicht werden, weil die besondere Marktsituation bereits ohnehin zu einem höheren Preisniveau geführt hat.

Die schrittweise Erhöhung des CO2-Preises wird langfristig weitere Auswirkungen auf die Heizenergie- und Kraftstoffpreise haben. Inwieweit die Verbraucherinnen und Verbraucher darauf reagieren, zum Beispiel durch das Ausweichen auf Alternativen wie die Elektromobilität, ist noch nicht abzusehen. Mehrbelastungen lassen sich aber nicht vermeiden.

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