Das Solidaritätsprinzip prägt die gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Bislang leisten rund vier von zehn Versicherten einen Solidarbeitrag, weil sie mehr einzahlen, als es ihren alters- und geschlechtsabhängigen Durchschnittsausgaben entspricht.
![Eine Vermessung des Solidaritätsprinzips in der gesetzlichen Krankenversicherung Eine Vermessung des Solidaritätsprinzips in der gesetzlichen Krankenversicherung](/fileadmin/_processed_/b/f/csm_Analysen_Nr._143_B%C3%BCrgerversicherung_67a5fea4ec.png)
Führt eine Bürgerversicherung zu mehr Solidarität?: Eine Vermessung des Solidaritätsprinzips in der gesetzlichen Krankenversicherung
IW-Analyse
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Das Solidaritätsprinzip prägt die gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Bislang leisten rund vier von zehn Versicherten einen Solidarbeitrag, weil sie mehr einzahlen, als es ihren alters- und geschlechtsabhängigen Durchschnittsausgaben entspricht.
Andersherum ist es bei sechs von zehn GKV-Versicherten. Insgesamt werden knapp 37 Prozent der GKV-Ausgaben aus solidarischer Umverteilung finanziert. Mit einer Bürgerversicherung sollen das Solidaritätsprinzip gestärkt und die Lasten den Befürwortern zufolge „gerechter“ verteilt werden. Wendet man die bestehenden GKV-Regeln in einer Bürgerversicherung auf die gesamte Bevölkerung an, ließe sich der Beitragssatz zwar um 0,8 bis 1,0 Prozentpunkte senken und bislang gesetzlich versicherte Personen würden dauerhaft entlastet. Demografischer Wandel, medizinisch-technischer Fortschritt und Fehlanreize sorgen aber weiterhin für einen überproportional starken Anstieg der Ausgaben. Deshalb würde der Beitragssatz bereits nach rund sechs Jahren wieder das Ausgangsniveau erreichen – Tendenz weiter steigend. Trotz der veränderten Lastverteilung im Querschnitt würde das Solidaritätsprinzip nicht nachhaltig gestärkt. Während nämlich der Anteil der Nettozahler, der bei reduziertem Beitragssatz einen Solidarbeitrag entrichtet, in einer Bürgerversicherung nur leicht stiege, würde der Anteil der solidarisch finanzierten Ausgaben kaum das Ausgangsniveau in der bisherigen GKV erreichen. Mehr noch: Der solidarische Ausgleich in einer alternden Bevölkerung lässt sich nur zulasten der intergenerativen Solidarität organisieren. Denn die jeweils jüngeren Kohorten müssen bei steigenden Beitragssätzen immer höhere Solidarlasten schultern. Damit gerät das Solidaritätsprinzip selbst unter Rechtfertigungsdruck. Eine Begrenzung umlagefinanzierter Leistungsansprüche – ergänzt um kapitalgedeckte Finanzierungselemente – könnte dagegen helfen, solidarische Umverteilung auch intergenerativ gerecht zu organisieren.
![Eine Vermessung des Solidaritätsprinzips in der gesetzlichen Krankenversicherung Eine Vermessung des Solidaritätsprinzips in der gesetzlichen Krankenversicherung](/fileadmin/_processed_/b/f/csm_Analysen_Nr._143_B%C3%BCrgerversicherung_67a5fea4ec.png)
Führt eine Bürgerversicherung zu mehr Solidarität? Eine Vermessung des Solidaritätsprinzips in der gesetzlichen Krankenversicherung
IW-Analyse
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
![Debatte im Deutschen Bundestag mit Redner Bundesfinanzminister Christian Lindner zum neuen Bundeshaushalt 2024/2025. Debatte im Deutschen Bundestag mit Redner Bundesfinanzminister Christian Lindner zum neuen Bundeshaushalt 2024/2025.](/fileadmin/_processed_/2/5/csm_Bundestagsdebatte-Bundeshaushalt-GettyImages-1972290685-editorial_d01ad63d10.jpg)
Bundeshaushalt: Zinslasten und realer Einnahmenrückgang setzen Regierung unter Druck
Das Haushaltsvolumen des Jahres 2024 ist gegenüber dem Jahr 2019, dem letzten Vorkrisenjahr, um ein Drittel oder 120 Milliarden Euro gestiegen. Zinsen und Soziales sind dafür maßgeblich verantwortlich. Die Steuereinnahmen können im Vergleich dazu nicht ...
IW
Inflationsausgleichsprämie: Ohne Tarifvertrag weniger Verbreitung
Die bis Ende des laufenden Jahres befristete steuer- und sozialabgabenfreie Einmalzahlung sollte und soll als Teil der Entlastungspakete die Folgen der Energiepreiskrise abfedern. Damit verzichtet der Staat auf Einnahmen von schätzungsweise 25 Milliarden Euro ...
IW