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Matthias Diermeier / Judith Niehues im Wirtschaftsdienst Externe Veröffentlichung 12. Juli 2024 Ökonomische Ungleichheit und das Erstarken des rechten Randes – die empirische Suche nach einem Zusammenhang

Das Erstarken (rechts-)populistischer Parteien wird häufig in den Kontext der aktuellen Verteilungssituation gestellt. Eine große oder wahlweise steigende Ungleichheit gepaart mit einem ausgeprägten Ungerechtigkeitsgefühl wird dabei regelmäßig als ursächlich für den Stimmenzuwachs an den politischen Rändern portraitiert. Zurückgewinnen könne man die rechtspopulistischen Wählerschaften folglich mit einer Ausweitung des sozialpolitischen Angebots.

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Ökonomische Ungleichheit und das Erstarken des rechten Randes – die empirische Suche nach einem Zusammenhang
Matthias Diermeier / Judith Niehues im Wirtschaftsdienst Externe Veröffentlichung 12. Juli 2024

Ökonomische Ungleichheit und das Erstarken des rechten Randes – die empirische Suche nach einem Zusammenhang

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Das Erstarken (rechts-)populistischer Parteien wird häufig in den Kontext der aktuellen Verteilungssituation gestellt. Eine große oder wahlweise steigende Ungleichheit gepaart mit einem ausgeprägten Ungerechtigkeitsgefühl wird dabei regelmäßig als ursächlich für den Stimmenzuwachs an den politischen Rändern portraitiert. Zurückgewinnen könne man die rechtspopulistischen Wählerschaften folglich mit einer Ausweitung des sozialpolitischen Angebots.

Auf der einen Seite zeigt sich diese Argumentation in einer wiederkehrenden medialen Setzung. Zum Umfragehoch der AfD zum Jahresbeginn 2024 hieß es etwa: „Wer die AfD bekämpfen will, muss soziale Politik machen“ (Diez, 2024). Eine Kommentierung der starken Wahlergebnisse der AfD bei der vergangenen Europawahl schlägt in dieselbe Kerbe: „Der Erfolg der AfD zeigt: Die Demokratie ist in Gefahr. Die Politik muss sich wieder um soziale Gerechtigkeit bemühen“ (Müller, 2024). Auf höchster politischer Ebene hatte sich Bundeskanzler Olaf Scholz bereits auf dem SPD-Parteitag im Dezember 2023 ganz ähnlich eingelassen: Menschen entwickelten rechtsradikales Gedankengut aus einer ökonomischen Prekarität heraus und dem sei sozialpolitisch entgegenzuwirken, so insinuierte der SPD-Parteichef (SPD, 2023).

Tatsächlich geben in einer Befragung im Rahmen des ARD-DeutschlandTRENDs fast neun von zehn Personen in der AfD-Anhängerschaft an, den Wohlstand in Deutschland nicht für gerecht verteilt zu halten (infratest dimap, 2023). Nur innerhalb der Grünen-Anhängerschaft fällt in dieser Befragung das Ungerechtigkeitsempfinden noch stärker aus. Auch eine IW-Personenbefragung im Mai 2024 fördert zu Tage, dass die Zufriedenheit mit der Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit unter Anhängern der AfD vergleichsweise gering ausfällt.1 Mit einem Anteil von knapp 47 % machen sich zudem überdurchschnittlich viele AfD-Anhänger große Sorgen um die soziale Ungleichheit in Deutschland. Während dieser Anteil jedoch nur 6 Prozentpunkte höher liegt als in der Gesamtbevölkerung, fällt das rechtsaußen Lager in vielen anderen politischen Konfliktlinien deutlich weiter vom Durchschnitt ab. Der Anteil mit großen Sorgen um die Zuwanderung liegt unter den AfD-Anhängern beispielsweise um knapp 40 Prozentpunkte höher als in der Gesamtbevölkerung, bei den Bedenken um die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung liegt die Differenz immerhin bei 28 Prozentpunkten. Mit Ausnahme der Sorgen um die Folgen des Klimawandels ist die AfD-Anhängerschaft in allen größeren Politikfeldern besorgter als der Rest der Bevölkerung.

Vor dem Hintergrund dieses Stimmungsbilds erscheint die Vermutung diskutabel, die soziale Ungleichheit sei der treibende Faktor für die AfD-Wahlentscheide. Mittels einer Einordnung der Entwicklung und des Niveaus der Ungleichheit in Deutschland soll der Beitrag nachspüren, ob dieser Zusammenhang plausibel ist. Durch einen Blick auf die Umverteilungs­präferenzen soll zudem der Frage nachgegangen werden, inwieweit etwa durch eine sozialpolitische Reduktion der Ungleichheit mit einer rückläufigen Zustimmung zur AfD zu rechnen ist.

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