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Philipp Deschermeier / Ralph Henger / Julia Sprenger IW-Report Nr. 39 3. Oktober 2024 Aktuelle Ergebnisse des IW-Wohnungsbedarfsmodells: Zunehmende Marktanspannung in vielen Großstädten

Die Bedarfe an neuen Wohnungen und Häusern sind in vielen Städten und Gemeinden sehr hoch und werden nicht durch ein ausreichendes Wohnungsangebot gedeckt. Insgesamt werden im Zeitraum 2021 bis 2025 jedes Jahr 372.600 neue Wohnungen benötigt.

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Zunehmende Marktanspannung in vielen Großstädten
Philipp Deschermeier / Ralph Henger / Julia Sprenger IW-Report Nr. 39 3. Oktober 2024

Aktuelle Ergebnisse des IW-Wohnungsbedarfsmodells: Zunehmende Marktanspannung in vielen Großstädten

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die Bedarfe an neuen Wohnungen und Häusern sind in vielen Städten und Gemeinden sehr hoch und werden nicht durch ein ausreichendes Wohnungsangebot gedeckt. Insgesamt werden im Zeitraum 2021 bis 2025 jedes Jahr 372.600 neue Wohnungen benötigt.

Zwischen 2021 und 2023 wurden hingegen jährlich nur 294.400 Wohnungen fertiggestellt. In fast allen Großstädten muss die Bautätigkeit erhöht werden, um die dortige Nachfrage zu decken. Der Wohnungsbau befindet sich jedoch aufgrund der hohen Zinsen und Baukosten in einer Krise, sodass zu erwarten ist, dass der Wohnungsmangel vielerorts weiter zunehmen wird. Der Beitrag präsentiert die aktuellen Ergebnisse des IW-Wohnungsbedarfsmodells für die 400 Landkreise und kreisfreien Städte und zeigt auf, an welchen Standorten wie stark die aktuelle Bautätigkeit von den Wohnungsbedarfen abweicht. Darüber hinaus werden die regionalen Wohnungsbedarfe bis zum Jahr 2040 vorgestellt, die deutlich machen, dass jede zweite Großstadt auch langfristig ihre Bautätigkeit ausweiten muss, um ihre Bevölkerung mit ausreichend Wohnraum zu versorgen.

Wo wurde am meisten gebaut?

In den Großstädten Regensburg, Wolfsburg und Wiesbaden wurden im Zeitraum 2021 bis 2023 in Relation zu ihrer Bevölkerung die meisten Wohnungen fertiggestellt. Die Anzahl neu errichteter Wohnungen erreichte dort Spitzenwerte von 8,3, 6,4 und 6,2 Wohnungen pro 1.000 Einwohner und Jahr. In den bevölkerungsreichsten Städten Berlin und München entstanden mit 16.400 bzw. 8.300 Wohneinheiten pro Jahr in absoluten Zahlen die meisten Wohnungen. Im Verhältnis zur Bevölkerung entspricht dies gehobenen Durchschnittswerten in Höhe von 4,6 bzw. 5,6 Wohnungen pro 1.000 Einwohner und Jahr. In den sieben bevölkerungsreichsten Städten (Top-7-Städte) erreichten München (5,6) und Frankfurt am Main (4,7) die höchsten Fertigstellungszahlen je 1.000 Einwohner, während in Köln (2,7) und Stuttgart (2,4) deutlich weniger gebaut wurde. Bei den Landkreisen wurden in Dahme-Spreewald (Brandenburg, 8,1), Neumarkt in der Oberpfalz (Bayern, 8,0) und Deggendorf (Bayern, 7,9) die höchsten Baufertigstellungen beobachtet.

Wo ist der Bedarf an neuem Wohnraum am größten?

Die höchsten Wohnungsbedarfe liegen aktuell in den Städten Potsdam, Regensburg und Leipzig vor. Dort müssen bezogen auf ihre Bevölkerung im Zeitraum 2021 bis 2025 jährlich 12,2, 10,1 und 9,4 neue Wohnungen pro 1.000 Einwohner neu errichtet werden, um die Nachfrage nach Wohnraum zu befriedigen. In den Top-7-Städten haben Berlin (8,7), Frankfurt am Main (7,7) und Köln (7,3) die größten Wohnungsbedarfe. In absoluten Zahlen entspricht dies für jedes Jahr 31.300, 5.700 bzw. 7.500 neuen Wohnungen. Neben den Großstädten zeigen sich die größten Bedarfe vor allem in Bayern und im brandenburgischen Umfeld von Berlin. Die drei Kreise Groß-Gerau, Dachau und Freising führen das Ranking für den Zeitraum 2021 bis 2025 mit den Werten 7,8, 7,6 und 7,5 Wohnungen pro 1.000 Einwohner und Jahr an. Die hohen Bedarfe erklären sich vorrangig aus starken (prognostizierten) Bevölkerungszuwächsen, hohen verfügbaren Einkommen und kaum vorhandenen Leerständen.

Wo war die Lücke zwischen Bedarf und Bautätigkeit am größten?

Die Gegenüberstellung der Wohnungsbedarfe mit der realisierten Bautätigkeit verdeutlicht, dass in den kreisfreien Städten Wuppertal, Jena und Oberhausen der Wohnungsmangel am größten war. Dort wurden im Zeitraum von 2021 bis 2023 nur 21 Prozent, 23 Prozent beziehungsweise 24 Prozent der benötigten Wohnungen gebaut. Unter den Top-7-Städten war der Wohnungsbau in München am erfolgreichsten. Hier erreichte die Relation aus Fertigstellungen und Wohnungsbedarf einen Wert von 93 Prozent. Trotzdem wurden auch dort nicht ausreichend Wohnungen fertiggestellt, um die Bedarfe der Bevölkerung zu befriedigen. Dies hat zur Folge, dass ein Teil der Bedarfe nicht realisiert wird, die Preise und Mieten steigen und ein Teil der Bedarfe nicht in der Kernstadt, sondern im Umland gedeckt wird. Die Lücke zwischen Bedarf und Bautätigkeit ist in Köln (37 %), Leipzig (42 %) und Stuttgart (43 %) am größten. In diesen Städten bleibt der Wohnungsmangel damit kurzfristig weiterhin hoch, was dazu führt, dass viele Haushalte beispielsweise zur Eigentumsbildung in umliegende Gemeinden abwandern müssen und Zuzügler aus dem Aus- und Inland auch auf Standorte im Großraum ausweichen müssen.

Wo muss zukünftig die Bautätigkeit am stärksten ausgeweitet werden?

Langfristig wird der Wohnungsbedarf aufgrund einer geringeren Bevölkerungsdynamik sinken. Im Zeitraum 2026 bis 2040 verringert sich der jährliche Bedarf auf bundesweit 257.400 neue Wohnungen. Das entspricht einem Rückgang von aktuell 372.600 (2021 bis 2025) in Höhe von 31 Prozent. Von diesem Rückgang sind die meisten Kreise (366 von 400) und fast alle kreisfreien Großstädte (68 der 70) betroffen. Trotzdem müssen weiterhin noch 29 Prozent aller Städte und Landkreise (117 von 400) in Deutschland und die Hälfte der kreisfreien Großstädte (36 von 70) ihre aktuelle Bautätigkeit ausweiten, um ihren langfristen Bedarf an Wohnraum decken zu können. Die langfristig höchsten Wohnungsbedarfe haben die Städte Berlin, Regensburg und Augsburg, wo bezogen auf ihre aktuelle Bevölkerung im Zeitraum 2026 bis 2040 jährlich 6,7, 6,1 und 6,1 neue Wohnungen pro 1.000 Einwohner neu errichtet werden müssen. Die größte Lücke zwischen langfristigen Bedarf und aktueller Bautätigkeit zeigt sich bei den kreisfreien Großstädten ein wenig überraschend in Wuppertal (31 %), Oberhausen (38 %) und Duisburg (45 %). Hier findet seit Jahren kaum Bautätigkeit statt, was aufgrund der schwachen Bevölkerungsentwicklung und hohen Leerstände auch angebracht ist. Jedoch ist die Bautätigkeit zu niedrig, um die Wohnungsbestände mit Ersatzneubauten attraktiv zu halten und die leicht wachsende und alternde Bevölkerung ausreichend mit Wohnraum zu versorgen. Bei den Top-7-Städten zeigt sich, dass zwar alle ihre derzeitigen Bedarfe nicht decken können, der Wachstumsdruck aber in den Städten Frankfurt, Düsseldorf und München so stark nachlassen wird, dass sie mit ihrem derzeitigen Wohnungsbauniveau langfristig ausreichend neue Wohnungen erstellen. Dies gilt aber nur, wenn ein nennenswerter Teil der zentrumsnahen Bedarfe dieser Städte durch Ausweichreaktionen von den dynamisch wachsenden Umlandkreisen und dem gesamten Großraum aufgefangen wird.

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