1. Home
  2. Presse
  3. IW-Nachrichten
  4. EU-Lieferkettengesetz: Gravierende Folgen für Entwicklungsländer
Zeige Bild in Lightbox
Der Handel mit Entwicklungsländern dürfte stark zurückgehen - und die Staaten näher an China rücken. (© Alexander Koerner / Getty Images)
Galina Kolev-Schaefer / Adriana Neligan IW-Nachricht 15. März 2024

EU-Lieferkettengesetz: Gravierende Folgen für Entwicklungsländer

Heute unternimmt die belgische Ratspräsidentschaft einen erneuten Versuch, eine Mehrheit für das EU-Lieferkettengesetz zu finden. Trotz Nachbesserungen drohen immer noch erhebliche Nachteile – nicht nur für die europäische Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch für die Entwicklungsländer.

Jetzt kommt es womöglich doch: Mit dem Lieferkettengesetz will die EU Unternehmen verpflichten, die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards entlang ihrer Beschaffungswege zu kontrollieren. Mehrfach war das Vorhaben gescheitert – auch am deutschen Widerstand. Doch selbst nach mehreren Nachbesserungen bleibt das Gesetz unausgegoren, seine negativen Folgen dürften weit über die EU hinausgehen. Denn die mit der Umsetzung verbundenen Kosten sind hoch und betreffen einen größeren Kreis von Unternehmen als angedacht. Das zeigen die Erfahrungen mit dem deutschen Lieferkettengesetz, die das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) kürzlich in einer Studie untersucht hat. 

Deutlich mehr Unternehmen als angedacht betroffen

Das deutsche Gesetz richtet sich wie sein EU-Pendant eigentlich nur an Unternehmen mit mindestens 1.000 Mitarbeitern. (Der aktuelle EU-Vorschlag sieht zudem einen Mindestumsatz von 450 Millionen Euro Umsatz vor.) Nach IW-Umfrage ist inzwischen aber fast jedes zweite deutsche Unternehmen betroffen. Denn auch kleinere Firmen müssen die Berichtspflichten erfüllen, wenn sie ein größeres Unternehmen beliefern. Selbst in der Gruppe der Unternehmen mit bis zu 49 Mitarbeitern gibt die Hälfte der befragten Unternehmen an, direkt oder indirekt vom Gesetz betroffen zu sein. Mit schwerwiegenden Folgen: Der Standort wird teurer und damit weniger wettbewerbsfähig.

Vorschriften zu komplex für Entwicklungsländer

Das deutsche Gesetz wirkt sich auch schon negativ auf die Entwicklungsländer aus. Ein Grund: Insbesondere kleinere Betriebe – sowohl in der EU als auch in den Lieferländern – haben keine Kapazitäten, um sich mit den komplexen gesetzlichen Vorschriften auseinanderzusetzen, wenn sie Angaben für ihre Kunden machen müssen. So sanken die Bekleidungsimporte aus Entwicklungsländern wie Bangladesch oder Pakistan im Jahr 2023 um mehr als ein Fünftel. Gleichzeitig kamen immer mehr Textilimporte aus Ländern wie Nordmazedonien, Tunesien oder Marokko. Für die Nachhaltigkeit in den Entwicklungsländern sind das keine guten Nachrichten, in Bangladesch etwa entfallen zwölf Prozent des Bruttoinlandsproduktes auf die Bekleidungsindustrie. Ziehen sich jetzt nicht nur deutsche, sondern auch europäische Unternehmen zurück, müssen die Staaten mit Ländern handeln, deren Umwelt- und Sozialstandards bei weitem nicht auf dem EU-Niveau sind – beispielsweise China.

Mehr zum Thema

Artikel lesen
Jürgen Matthes, Leiter des Clusters Internationale Wirtschaftspolitik, Finanz- und Immobilienmärkte, 2023
Jürgen Matthes bei phoenix Interview 21. Juni 2024

Neuausrichtung der China-Strategie: „Wenig Neues in Habecks Plänen”

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck fordert bei seinem Besuch in China unter anderem eine Neuausrichtung der China-Strategie Deutschlands. Was das bedeutet, darüber spricht IW-Außenhandelsexperte Jürgen Matthes im Interview mit phonix der tag.

IW

Artikel lesen
Gero Kunath IW-Kurzbericht Nr. 37 18. Juni 2024

Chinas Immobilienkrise: Regierung sieht Risse im Fundament

In den letzten Jahren entwickelte sich der chinesische Immobiliensektor zunehmend vom Primus zum Sorgenkind. Die Insolvenz von Evergrande, des ehemals größten Immobilienentwicklers des Landes, im Jahr 2021 führte nach einer Dekade rasanten Wachstums zu einer ...

IW

Mehr zum Thema

Inhaltselement mit der ID 8880