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Jürgen Matthes IW-Report Nr. 32 24. Oktober 2017 Wie tragfähig sind die Staatsschulden der vormaligen Krisenländer in Südeuropa?

Die akute Phase der Euro-Schuldenkrise liegt bereits über fünf Jahre zurück, doch die ehemaligen Krisenländer haben weiterhin mit erheblichen Schulden zu kämpfen. Wie tragfähig sind diese Schulden, wenn das Zinsniveau wieder steigt und eine gemäßigte Rezession zu verkraften ist?

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Wie tragfähig sind die Staatsschulden der vormaligen Krisenländer in Südeuropa?
Jürgen Matthes IW-Report Nr. 32 24. Oktober 2017

Wie tragfähig sind die Staatsschulden der vormaligen Krisenländer in Südeuropa?

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Die akute Phase der Euro-Schuldenkrise liegt bereits über fünf Jahre zurück, doch die ehemaligen Krisenländer haben weiterhin mit erheblichen Schulden zu kämpfen. Wie tragfähig sind diese Schulden, wenn das Zinsniveau wieder steigt und eine gemäßigte Rezession zu verkraften ist?

Können die Staatsschulden Italiens, Spaniens und von Portugal auch dann noch als tragfähig erachtet werden, wenn das Zinsniveau wieder steigt und eine gemäßigte Rezession zu verkraften ist? Dieser Report kommt zu einem differenzierten Ergebnis für den Betrachtungszeitraum bis 2022, das von den Annahmen in drei relativ realistischen Szenarien abhängig ist.

Einerseits bleiben die Staatsschuldenquoten nicht nur im verhalten pessimistischen Szenario (mit einer kurzen Rezession im Jahr 2019) hoch. Auch im Basisszenario (mit eher konservativen Annahmen) sinken sie in Italien kaum sowie in Portugal und Spanien nur in begrenztem Ausmaß. Lediglich im verhalten optimistischen Szenario erfolgt der Abbau der Staatsschuldenquoten etwas schneller. Doch auch hier würde es bei Italien und Portugal deutlich länger als bis zum Jahr 2022 dauern, bis die Marke von 100 Prozent des BIP unterschritten wird. Andererseits laufen die Staatsschuldenquoten unter den gewählten Annahmen, auch im eher pessimistischen Szenario, nicht aus dem Ruder. Wichtige Voraussetzung hierfür ist, dass die Fiskalpolitik vor allem in Italien (etwas abgeschwächt auch in Portugal und Spanien) mit moderatem Sparkurs auf eine schlechte wirtschaftliche Entwicklung reagiert. Die Höhe des zur Stabilisierung nötigen Primärüberschusses liegt mit unter 3 Prozent des BIP in einem durchaus erreichbaren Bereich. Daher besteht bei einem gewöhnlichen Konjunkturverlauf und normaler Politikreaktion kein Anlass für die Finanzmärkte, die Schuldenlasten als nicht tragfähig zu betrachten. Diese verhalten optimistische Einschätzung gilt freilich nicht, wenn es zu einer tieferen Krise, zu sich selbst erfüllenden Prophezeiungen am Finanzmarkt oder zu einer populistisch motivierten Verweigerung der nötigen Konsolidierung kommt.

Um die Verwundbarkeit durch die hohen Staatsschulden zu reduzieren und tiefere Krisen zu vermeiden, geht es vor allem um eine Stärkung der Wachstumskräfte durch Strukturreformen und durch den weiteren Abbau von Altlasten der Krise sowie um eine Vermeidung von konjunkturellen und finanziellen Überhitzungen. Zudem ist eine ambitioniertere Strategie für eine sozialverträgliche Konsolidierung nötig, auch um eine Rezession in erster Linie mit automatischen Stabilisatoren auf der nationalen Ebene zu bekämpfen. Wenn der Finanzmarkt dies nicht zulässt, sollte eine neue Art ESM-Light-Programm möglich sein, das einen Anstieg des Fiskaldefizits erlaubt, für das sich Staaten aber durch die Einhaltung der Fiskalregeln qualifizieren müssen. Um die durch die Staatsanleihekäufe der EZB geschwächte Marktdisziplin und damit die Konsolidierungsanreize zu erhöhen, sind Accountability Bonds sinnvoll. Zudem ist eine Wiederbelebung der No-Bailout-Klausel nötig. Dazu dürfen Banken nicht mehr so viele Staatsanleihen des eigenen Staates halten und es sind Änderungen der Collective Action Clauses in den Staatsanleihen nötig. Um Kriseneskalationen zu vermeiden, müssen ESM-Hilfen auch für große Länder glaubwürdig sein. Daher sollten die Laufzeiten von Staatsanleihen bei einem ESM-Programm verlängert werden.

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Jürgen Matthes IW-Report Nr. 32 24. Oktober 2017

Jürgen Matthes: Wie tragfähig sind die Staatsschulden der vormaligen Krisenländer in Südeuropa? – Analyse und Empfehlungen

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